Critical Mass Hamburg

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Zu den Urteilen zum Fahrradparken

 

Urteile rund um den Radweg, die Benutzungspflicht und die (Unfall-)Folgen

Mit der sogenannten Fahrrad-Novelle der StVO wurde zum 01.10.1998 die generelle Radwegbenutzungspflicht aufgehoben. Da sich die Situation zunächst wenig änderte, weil jede Menge neuer Schilder den alten Zustand konservierten bzw. gerade die gefährlichsten Abschnitte von Radwegen - nämlich an Kreuzungen - benutzungspflichtig beschildert wurden ("RiLSA-Stummel" oder "Stummelradwege") machten sich eine kleine Gruppe im ADFC-Hamburg (ein kleiner aber feiner Kreis; die Mitgliedschaft in diesem Kreis war jedenfalls nicht karriereschädlich: ein Mitglied ist heute Juraprofessor in Mannheim, ein anderes Mitglied Justizsenator in Hamburg) und der Berliner Anwalt Andreas Volkmann unabhängig voneinander auf den Weg vor die Gerichte. Sie hatten durchschlagenden Erfolg. Inzwischen gibt es viele Nachahmer und viele Straßenverkehrsbehörden streichen oft schon im Widerspruchsverfahren oder - wo das Widerspruchsverfahren abgeschafft wurde - kurz nach Klageerhebung die Segel.

Oftmals werden den Klägern aber auch formale Fallen gestellt (Stichworte: "Widerspruchsbefugnis", "Widerspruchsfrist"). Viele Urteile handeln daher überhaupt nicht von der Sicherheit auf Radwegen. Dafür ist das Thema "Radwegebenutzungspflicht" in viele Urteile zum Verfahrensrecht gegen Verkehrszeichen eingeflochten. Gerade auf diesem Gebiet hat es dadurch im vergangenen Jahrzehnt einen Paukenschlag nach dem anderen gegeben. Aber seit dem 18.11.2010 ist jedenfalls für Radwege, deren Benutzung nicht erforderlich ist, höchstrichterlich geklärt, daß sowohl der ADFC Hamburg wie auch Andreas Volkmann in Gänze Recht hatten, d.h., die Radwegebenutzungspflicht an § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO zu messen ist (vgl. Urteil des BVerwG vom 18.11.2010 - 3 C 42.09). Jetzt muß auch die Rechtslage "nur" noch für solche Radwege geklärt werden, deren Benutzung unzumutbar ist - jedenfalls in den seltenen Fällen, in denen die Benutzung des Radweges grundsätzlich als erforderlich anzusehen ist (vgl. dazu aktuell das Urteil des VG Dresden vom 25.08.2010 - 6 K 2433/06).

 

Schleswig-Holst. VG

19.04.2011

3 A 183/10

Radwegbenutzungspflicht aufgehoben

Bayerischer VGH

06.04.2011

11 B 08.1892

Benutzungspflicht für extrem schmalen Radweg

OVG Bremen

03.02.2011

1 A 61/09

Vorentscheidung zur Zulässigkeit von Verpflichtungsklagen (gegen VG Bremen - 5 K 2158/06)

BVerwG

18.11.2010

3 C 42.09

Radwegebenutzungspflicht nur bei qualifizierter Gefahrenlage zulässig

BVerwG

23.09.2010

3 C 32.09
3 C 37.09

Zur Widerspruchsfrist (hier bei Lkw-Überholverbot auf der Autobahn)

VG Dresden

25.08.2010

6 K 2433/06

Keine Radwegebenutzungspflicht trotz Erforderlichkeit wegen Unzumutbarkeit

VG Karlsruhe

02.03.2010

2 K 4042/07

Kostenfestsetzungsbeschluß -
"Spezialanwalt" Dr. Dietmar Kettler, Kiel darf in Baden-Wüttemberg tätig werden

VG Ansbach

14.12.2009

AN 10 K 09.00581

Benutzungspflicht im Einzelfall aufgehoben

VG Gelsenkirchen

01.12.2009

14 K 5458/08
14 K 6697/08

Zwei Radwegebenutzungspflichten bestätigt

VGH Baden-Württemb.

19.11.2009

5 S 575/09

Benutzungspflicht im Einzelfall aufgehoben - gegen VG Karlsruhe - Az. 2 K 4042/07

BVerfG

10.09.2009

1 BvR 814/09

Zur Widerspruchsfrist - gegen VGH Baden-Württemb. - Az. 5 S 3047/08

Bayerischer VGH

11.08.2009

11 B 08.186

Benutzungspflicht im Einzelfall aufgehoben - gegen VG Regensburg - Az. RO 5 K 03.2192

BVerwG

23.06.2009

3 St 1.09

Zur Widerspruchsfrist - Stellungnahme für das BVerfG - Az. 1 BvR 814/09

VG Düsseldorf

08.05.2009

14 K 329/09

Radwegbenutzungspflicht im Einzelfall bestätigt (nach teilweiser Abhilfe durch die Beklagte)

VGH Baden-Württemb.

05.03.2009

5 S 3047/08

Zur Widerspruchsfrist; zur Bescheidungsklage;
tw. Zulassung der Berufung gegen VG Karlsruhe Az. 2 K 4042/07

VGH Baden-Württemb.

02.03.2009

5 S 3047/08

Zur Widerspruchsfrist (aufgehoben); Nichtzulassung der Berufung gegen VG Karlsruhe Az. 4 K 1514/08

VG Bremen

18.12.2008

5 K 2158/06

Gesteigerte Anforderung an Betroffenheit bei Bescheidungsklage

VG Karlsruhe

03.11.2008

2 K 4042/07

Zur Widerspruchsfrist (aufgehoben); zur Höhe der Gebühren für Widerspruchsbescheid

VG Karlsruhe

08.10.2008

4 K 1514/08

Zur Widerspruchsfrist (aufgehoben); zur Höhe der Gebühren für Widerspruchsbescheid

VG Magdeburg

16.07.2007

1 A 285/06 MD

Benutzungspflicht mangels auß:ergewöhnlicher Gefahrenlage aufgehoben

VG Freiburg

15.03.2007

4 K 2130/05

Zur Widerspruchsfrist (gegenstandslos), Radwegbenutzungspflicht im Einzelfall bestätigt

VG Lüneburg

25.07.2006

2 A 8/06

Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg an einer Kreisstraße außerorts bestätigt

VG Köln

21.07.2006

11 K 7554/05

Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg in einem Gewerbegebiet bestätigt

OVG Lüneburg
VG Oldenburg

18.07.2006
19.05.2004

12 LC 270/04
7 A 1055/03

Anordnungen von Tempo 30-Zonen ab 2001
(und Aufhebung der Benutzungspflicht als Nebenbestimmung)

OVG Lüneburg

24.05.2006

7 KS 198/03

Radweg in der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße (Planungsrecht)

VG München

01.02.2006

M 23 K 05.1174

Benutzungspflicht im Einzelfall aufgehoben

VG Stuttgart

20.01.2006

10 K 3536/03

Gehwegebenutzungspflicht für Radfahrer im Stuttgarter Flughafentunnel

VG Regensburg

28.11.2005

RO 5 K 03.2192

Radwegebenutzungspflicht für die "Ordnung des Verkehrs" (aufgehoben)

VG Stade

03.11.2005

6 A 191/05

Schüler müssen mehr Radfahren - u.U. auch auf zu schmalen Radwegen

VG Lüneburg

19.10.2005

5 A 121/04
5 A 85/05

Und noch eine Radwegebenutzungspflicht aufgehoben - eine andere nicht

OLG Celle

12.05.2005

14 U 231/04

Unfall - keine höhere Gewalt - Radwege an Bushaltestellen

VG Karlsruhe

14.04.2005

11 K 3908/04
11 K 4036/04

Wieder eine Radwegebenutzungspflicht aufgehoben - eine andere nicht

VG Hamburg

06.04.2005

21 E 878/05

Selbst bei außerordentlicher Veränderung der Sachlage
keine neue Widerspruchsfrist gegen Zeichen 237

VGH Mannheim

02.11.2004

5 S 1063/04

Planfeststellungen und ihr Verwirrungspotential

OLG Dresden

11.10.2004

Ss (OWi) 460/04

Fahrradrikschas genehmigungsfrei

LG Rostock

25.08.2004

4 O 139/04

Sturz auf schlechtem Radweg? - Selber schuld!

OLG Rostock

13.05.2004

1 U 197/02

Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch nicht reflektierenden Poller auf Radweg (OLG-Report Berlin-Ost 2005, 706)

OLG Bremen

05.05.2004

1 U 16/04a

Unfall auf gefährlichem Radweg

OLG Oldenburg

09.03.2004

8 U 19/04

Radfahren auf kombinierten Geh- und Radwegen bzw. freigegebenen Gehwegen

OLG Frankfurt/M.

23.01.2004

24 U 118/03

Radweg ist Radweg auch ohne Zeichen 237 - 241

OVG Lüneburg

05.12.2003

12 LA 467/03

Urteil des VG Hannover gegen Radwegbenutzungspflicht rechtskräftig

OLG Hamm

04.12.2003

4Ss OWi 786/03

Rotlicht einer Lichtzeichenanlage für Radfahrer auf einem getrennten Radweg immer verbindlich?

VG Göttingen

27.11.2003

1 A 1196/01
1 A 1228/01

Weitere Urteile über Radwegbenutzungspflichten

VG Berlin

12.11.2003

VG 11 A 606.03

Zur Radwegebenutzungspflicht (Bescheidungsurteil)

BGH

09.10.2003

III ZR 8/03

Umfang der Streu- und Räumpflicht für gemeinsame Geh- und Radwege

Schleswig-Holst. VG

23.09.2003

3 A 275/02

Unnützer gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg gekippt

BVerwG

21.08.2003

3 C 15.03

Zur Klagebefugnis gegen Radwegebenutzungspflichten

VG Hannover

23.07.2003

11 A 5004.01

Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg gekippt

VG Berlin

03.07.2003

VG 27 A 241.01
VG 27 A 246.01
VG 27 A 247.01
VG 27 A 299.01
VG 27 A 11.02
VG 27 A 12.02

Zur Radwegebenutzungspflicht (sechs Urteile)

VG Berlin

03.07.2003

VG 27 A 13.02

Leistungsklage auf Abbau von Schildern

VG Sigmaringen

24.01.2003

2 A 2531/02

Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen die Pflicht zur Benutzung gesonderter Radwege

OLG Oldenburg

06.12.2002

6 U 150/02

Umfang der Streu- und Räumpflicht für gemeinsame Geh- und Radwege (aufgehoben)

VGH Baden-Württemb.

05.12.2002

5 S 2625/01

Benutzungspflicht auch für (einspurige) Liegeräder

OVG Hamburg

04.11.2002

3 Bf 23/02

Kein neues Radwegeurteil betr. die Eppendorfer Landstraße (aufgehoben)

KG Berlin

12.09.2002

12 U 9590/00

Volle Haftung des Busfahrers bei geringem Seitenabstand zum Radfahrer

VG Lüneburg

01.08.2002

5 A 95/00

Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg bestätigt

VG Berlin

18.06.2002

VG 27 A 50.02

Zwangsgeldfestsetzung zum Schilderabräumen oder -abkleben (Z 237)

VG Berlin

06.05.2002

VG 27 A 50.02

Einstweilige Anordnung zum schnellen Schilderabräumen oder -abkleben (Z 237)

BGH

19.03.2002

VI ZR 333/00

Keine Fahrbahnnutzung durch Skater

VG Hamburg

28.01.2002

5 VG 4258/2000

"Zweites Hamburger Radwegeurteil" betr. den Heußweg
Zum Ergebnis des Berufungsverfahrens siehe den Bericht:
WamS 13.02.2005: Stadt muß Straßen für Radfahrer freigeben

VG Hamburg

29.11.2001

20 VG 1279/2001

"Erstes Hamburger Radwegeurteil" betr. die Eppendorfer Landstraße
Zum Ergebnis des Berufungsverfahrens siehe den Bericht:
WamS 13.02.2005: Stadt muß Straßen für Radfahrer freigeben

BVerwG

31.05.2001

3 B 183.00

Benutzungspflicht auch für (einspurige) Liegeräder

OLG Celle

22.11.2000

9 U 104/00

(Keine) Streupflicht für Radwege bzw. Radwegebenutzungspflicht bei Schnee und Eis

VG Berlin

28.09.2000

VG 27 A 206.99

Zur Radwegebenutzungspflicht ("Berliner Radwegeurteil")

VGH Baden-Württemb.

10.07.2000

1 S 1862/99

Benutzungspflicht auch für (einspurige) Liegeräder

OVG Hamburg

28.03.2000

3 Bf 215/98

Kfz dürfen vom Radweg abgeschleppt werden

OLG Celle

20.10.1999

9 U 77/99

Verschwenkung bei einem außerörtlichen Radweg und Verkehrssicherungspflicht

VG Berlin

18.05.1999

9 A 40/99

Abschleppen vom Radweg auch ohne Ausweichen des Radverkehrs erlaubt

OVG Hamburg

10.11.1998

Bf VI 12/96

Baustellen - temporäre Probleme und keine Lösung

VG Berlin

18.07.1994

VG 27 A 47.92

Aufhebung eines Zweirichtungsradweges (unveröffentlichtes Urteil)

OLG Köln

01.04.1992

11 U 234/91

Wenn die Beifahrertür über dem Radweg aufgeht

 

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Zu den Urteilen rund um den Radweg,
die Benutzungspflicht und die (Unfall-)Folgen

 

Urteile zum Fahrradparken

Man glaubt es kaum. Aber tatsächlich mußten Gerichte im vergangenen Jahrzehnt klären, ob Fahrräder auf dem Gehweg geparkt werden dürfen. Anlaß ist der Fahrrad-Boom, der insbesondere vor Bahnhöfen zu Problemen führen kann. Aber auch die Frage, ob Mietfahrräder mit Werbung im Rahmen in Hamburg abgestellt werden dürfen, geben Hinweise zum Parken auf Gehwegen. Deshalb werden auch diese Urteile hier aufgelistet.

 

OVG Hamburg

19.06.2009

2 Bs 82/09

Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden IV

VG Hamburg

31.03.2009

4 K 2027/08

Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden II

OVG Lüneburg

12.03.2009

11 LA 172/08

Keine Sicherstellung eines auf dem Bahnhofsvorplatz angeschlossenen Fahrrads

OVG Münster

30.01.2009

5 A 2239/08

Vor dem Hauptbahnhof in Münster abgestelltes Fahrrad durfte von der Stadt nicht entfernt werden

VG Hamburg

30.07.2008

4 E 1996/08

Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden I

VG Münster

11.07.2008

1 K 1536/07

Versetzung eines Fahrrads vom Bahnhofseingang im Einzelfall rechtswidrig

VG Lüneburg

14.12.2005

5 A 51/05

Fahrrad-Kurzparkzone auf dem Bahnhofsvorplatz

VG Braunschweig

25.01.2005

5 A 216/03

Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz IV

BVerwG

29.01.2004

3 C 29.03

Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz III

OVG Lüneburg

06.06.2003

12 LB 68/03

Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz II

VG Lüneburg

25.09.2002

5 A 161/01

Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz I

 

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Baustellen - temporäre Probleme und keine Lösung

10.11.1998: Baustellen bieten immer wieder gerne genutzte Möglichkeiten, die Radfahrer davon zu überzeugen, daß ihre Interessen in den Amtsstuben keinen Anwalt haben - und die Verwaltungsgerichte machen es sich leicht. Es gibt keine Urteile, weil die Baustellen jeweils längst abgeräumt sind, bevor das Urteil kommt (wär' andernfalls ja noch schöner), und es angeblich kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse gibt. Ergebnis: die Straßenverkehrs- und -baubehörden barbieren die Radfahrer immer wieder gnadenlos über den Löffel.

Urteil des Oberverwaltungsgericht Hamburg vom 10.11.1998 - Bf VI 12/96, VRS 97, 396, Text oder Kopie.

Da hilft vermutlich nur jeweils schnelles Handeln einschließlich Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO.

 

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Kfz dürfen vom Radweg abgeschleppt werden

28.03.2000: ein selten gutes Urteil. Danach müßte sich die Hamburger Polizei geradezu verpflichtet fühlen, Autos von Radwegen abschleppen zu lassen. Aber bei der Anwendung dieses selbst erstrittenen Urteil ist die Polizei nicht so begeistert dabei. Schild (Z 237; Z 241) an den Radweg und vergessen ist da wohl die Maxime, welche man eher irgendwo in Afrika vermutet hätte. Neuerdings werden ggf. sogar ganz offen noch Z 315 an den Mast gehängt, um nur ja das Goldenen Kalb "Parkplätze" gebührend zu ehren - selbst, wenn das zu massenhaftem Parken auf dem Radweg führt. Aber ein Polizist war wohl etwas härter drauf.

OVG Hamburg, Urteil vom 28. 3. 2000 - 3 Bf 215/98, NZV 2001, 52

"Abschleppen von Kfz., die auf einem Radweg geparkt sind

HmbSOG § 7 III; HmbVwVG §§ 15, 19"

Leitsatz 1.

"Das Abschleppen eines teilweise auf dem Radweg geparkten Fahrzeugs ist nicht unverhältnismäßig, wenn Radfahrer sonst gezwungen wären, entweder auf die Fahrbahn einer stark befahrenen Straße oder auf den angrenzenden Gehweg auszuweichen. "

Auszug aus den Gründen:

"Die Maßnahme stand auch im Übrigen mit den Anforderungen des gerade im Zusammenhang mit dem Abschleppen von Kfz. zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerwG, BVerwGE Bd. 90 S. 189, 193; Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 255 S. 88; Beschl.v. 3. 5. 1999 - BVerwG 3 B 48.99 - Juris) in Einklang. Diesbezüglich bestehen Bedenken, wenn bereits der bloße Verstoß gegen § 12 IV 1 StVO ein Abschleppen rechtfertigen sollte; ebenso wenig darf sich die Behörde allein auf eine negative Vorbildwirkung des rechtswidrigen Verhalten oder auf den Gesichtspunkt der generalpräventiven Wirkung berufen. Außer Frage steht aber, dass das Abschleppen von Kraftfahrzeugen immer dann auch verhältnismäßig ist, wenn das verbotswidrige Abstellen zu Behinderungen anderer Verkehrsteilnehmer führt (vgl. BVerwG, BVerwGE Bd. 90, S. 189, 193). Eine solche Behinderung lag hier vor. Denn durch das Fahrzeug der Kl., das nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil auf dem Radweg abgestellt war, wurde der Radweg an dieser Stelle jedenfalls stark verengt und der Radverkehr im Ergebnis gezwungen, zur Vermeidung von Kollisionen mit dem abgestellten Kraftfahrzeug entweder auf die Fahrbahn oder auf den angrenzenden Gehweg auszuweichen (zur vollständigen Blockierung eines Radweges vgl. bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 28. 1. 1998 - 6 Bf 99/98). Die Benutzung der Fahrbahn einer - hier gegebenen - stark befahrenen Hauptverkehrsstraße würde die Radfahrer jedoch unnötigen Risiken und Erschwernissen aussetzen, zumal sich hier zwischen dem Radweg und der Fahrbahn noch ein Parkstreifen befindet. Ein Ausweichen auf den Gehweg könnte Fußgänger gefährden und wäre überdies verboten."

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Berliner Radwegeurteil

28.09.2000: ein Radfahrer aus Berlin hatte mit seiner Klage gegen Radwegebenutzungspflichten für Radwegestummel vor Ampeln Erfolg (rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28.09.2000 - VG 27 A 206.99, Verkehrsblatt 2001, 139 im nichtamtlichen Teil; Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2001, 317 mit Anmerkungen von Dr. Bitter und Dr. Bouska). Hier ein Auszug aus den Gründen (OCR weitestgehend korrigiert; die m.E. zentralen Sätze habe ich durch Unterstreichung hervorgehoben):

"Bei der rechtlichen Beurteilung ist zunächst davon auszugehen, daß es nach Aufhebung der grundsätzlichen Radwegebenutzungspflicht durch die seit dem 1. Oktober 1998 geltende Neufassung des § 2 Abs. 4 StVO grundsätzlich zulässig ist, daß Radfahrer nicht einen vorhandenen Radweg, sondern die Fahrbahn benutzen. Die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht durch Zeichen 237 zu StVO stellt sich damit nicht nur als Gebotsregelung, sondern - durch den Ausschluß der Nutzung der Fahrbahn - zugleich als Verbotsregelung und damit als eine die Straßenbenutzung durch den fließenden (Fahrrad-)Verkehr beschränkende Maßnahme dar. Denn die durch Zeichen 237 StVO angeordnete Radwegbenutzungsplicht verbietet dem zuvor zulässigerweise die Fahrbahn benutzenden Radfahrer, weiter auf der Fahrbahn zu fahren und sieht insoweit hinsichtlich der Fahrbahnnutzung dem stets als Verkehrsbeschränkung anzusehenden Zeichen 254 StVO gleich.

Rechtsgrundlage für die Aufstellung der Zeichen 237 ist damit zunächst neben § 39 Abs. 1 StVO auch § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, wonach die Verkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen, der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten können. Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Eingriffstatbestände des § 45 Abs. 1 bis Abs. 1 d StVO zu stellen sind, ist durch Verordnung vom 7. August 1997 (BGBl. I, 2028) folgender Abs. 9 in § 45 StVO eingefügt worden:

"Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in der vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt..."

Nach dieser Bestimmung setzt eine verkehrsbehördliche Anordnung, die wie die hier angefochtene Radwegebenutzungspflicht (§ 2 Abs. 4 Satz 2 StVO) eine sonst zulässige Benutzung bestimmter Straßenstrecken für Radfahrer beschränkt, das Vorhandensein besonderer, zu einer solchen Regelung zwingender Umstände voraus (normative Umsetzung bzw. Verschärfung der schon für das vor Inkrafttreten dieser Bestimmung geltende Recht einschlägigen Rechtsprechung [BVerwG Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 8,: S. 26], vgl. zu § 45 Abs. 9 StVO auch OVG Bremen, NZV 2000, 140; OVG Hamburg NZV 2000, 346 und VGH Kassel, NZV.99, 397). Solche Umstände sind nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nur bei einer aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse bestehenden außergewöhnlichen Gefahrenlage gegeben. Diese hohen normativen Anforderungen hat der Beklagte bei der angefochtenen Anordnung der Radwegebenutzung nicht beachtet (hierzu unter 1); darüber hinaus ist die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht auch schon deshalb rechtswidrig, weil hierfür die Voraussetzungen der zwar nur verwaltungsinternen, aber das Ermessen der Straßenverkehrsbehörden für solche Anordnungen bundeseinheitlich bindenden Verwaltungsvorschriften zu § 2 Abs. 4 Satz 2 StVO (VkBl. 99, 290) - VV-StVO - nicht vorliegen (hierzu unter 2)."

Nach diesen einleitenden Worten, die das Programm für die restliche Begründung vorgeben, holt das Gericht unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse richtig aus. Wichtig für mich: mein Hinweis auf § 45 Abs. 9 StVO ist richtig gewesen. Hierbei hatten viele Radfahrer - aber nicht nur sie - bisher immer nur an den ADAC und seine "Methode Selm" zur Entschilderung der Städte gedacht, weil sie den Radverkehr selbst nicht als fließenden Verkehr wahrgenommen hatten. Eine wirklich ärgerliche Kostprobe dieser falschen Denke hat Dr. Bouska mit seiner Anmerkung abgeliefert. Nimmt man ihn ernst, muß man davon ausgehen, daß die Fahrradnovelle nur eine Ansammlung wohlfeiler, aber hohler Worte sein sollten, die keine Behörde zu beachten habe. Mehr - berechtigtes - Selbstbewußtsein der Radfahrer ist daher auch in Zukunft nötig und erlaubt. Hinzu kommt, daß die blau-weißen Gebotsschilder Z 237, Z 240 und Z 241 von einem deutschen Gericht erstmals in ihrer Doppelfunktion als Verbotsschilder deutlich wahrgenommen wurden. Diese Erkenntnis könnte man sensationell nennen. Eigentlich entspricht sie aber genau der Wahrnehmung der Radfahrer. Damit ist jetzt klar, daß Radfahrer die Beachtung VwV-StVO als eigenes Recht einklagen können, weil ihnen § 45 Abs. 9 StVO eine solche Rechtsposition verschafft. Die Urteilsbegründung ist veröffentlicht z.B. im "Verkehrsblatt". Und hier die Anmerkungen von Dr. Bitter und Dr. Bouska. mit eigenen Kommentaren zu Dr. Bouska.

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"Schnee- und Eis"-Urteil des OLG Celle

22.11.2000: ein erstes Urteil des OLG Celle vom 22.11.2000 - 9 U 104/00, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht - NZV - 2001, 217 zum Thema Streupflicht für Radwege bzw. Radwegebenutzungspflicht bei Schnee und Eis nach der "Fahrradnovelle" der StVO zeigt, daß sich die Rechtslage insoweit nicht geändert hat. Auch benutzungspflichtige Radwege müssen nicht geräumt werden (hängt aber auch vom Landesrecht ab - z.B. in Hamburg siehe Hamburgisches Wegegesetz - HWG -, vom Verwaltungsgericht Hamburg zur Verfügung gestellt -- insbesondere § 33 HWG -- danach für Radfahrer bei Schnee und Eis ähnliche Rechtslage in Hamburg). Aber sie müssen dann auch nicht benutzt werden. Mit seinem Urteil stützt sich das OLG Celle auf ein älteren Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 20.10.1994 - III ZR 60/94, NZV 1995, 144 zu diesem Thema, in dem es heißt:

"Zwar ist gerade ein Radfahrer bei Schnee- und Eisglätte besonderen Sturzgefahren ausgesetzt. Diese Gefahr kann er aber - zumutbarerweise - dadurch mindern, daß er entweder vor glatten und gefährlichen Stellen vom Rad steigt und zu Fuß geht, oder aber dadurch, daß er - erlaubtermaßen - den Radweg verläßt und die (gestreute bzw. geräumte) Fahrbahn benutzt (Jagusch/Hentschel, aaO, Rn. 67 zu § 2 StVO)."

Dem zweiten hier zitierten Satz schloß sich das OLG Celle wörtlich an.

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Erstes Hamburger Radwegeurteil

29.11.2001: das erste Urteil des Verwaltungsgerichts - VG - Hamburg in einem "Musterverfahren" des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Landesverband Hamburg gegen die Benutzungspflicht für einen unzumutbaren Radweg erging am 29.11.2001 - 20 VG 1279/2001, NZV 2002, 290 mit Anmerkungen von Dr. Kettler. Der Kläger, ein Radfahrer, hat gegen die Polizei gewonnen. Radfahrer wundert das nicht, Presse, Funk und Fernsehen schon ein bißchen, aber nicht sehr. Der Hamburger Senat hat nun allerdings ein echtes Problem. Denn nun zeichnet sich ab, daß die in Hamburg verschleppte Umsetzung der sogenannten Fahrradnovelle der StVO aus dem Jahr 1997 sich zu einem richtigen Skandal auswächst. Im neuen Senat wird man wohl bald nur noch von "Eugens Rache" sprechen. Nur gut, daß die Koalitionspartner das Problem schon selbst erkannten: "Der desolate Zustand vieler Rad- und Fußwege wird beseitigt, um die Verkehrssicherheit wiederherzustellen." (Koalitionsvertrag, Seite 24 - im Netz bei http://www.hamburg.de).

Hier die Presseerklärung des VG Hamburg (auf der Website des Oberverwaltungsgerichts Hamburg unter "Presseerklärungen" abgelegt (Hervorhebungen vom Autor dieser Seite):

"Hamburg, den 29. November 2001

Verwaltungsgericht hebt Radwegebenutzungspflicht für Teile der Eppendorfer Landstraße auf (20 VG 1279/2001)

Das Verwaltungsgericht hat heute nach Durchführung eines Ortstermins im Bereich der Eppendorfer Landstraße zwischen der Kreuzung Eppendorfer Baum und der Kreuzung Heinickestraße die Benutzungspflicht der Radwege aufgehoben, die die Polizei in diesem Bereich durch Aufstellung entsprechender Verkehrszeichen angeordnet hatte. Die Entscheidung ist noch nicht schriftlich abgesetzt.

Aus den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass nach der Überzeugung des Gerichts Gründe der Verkehrssicherheit im Sinne des § 45 Absatz 9 Straßenverkehrsordnung (StVO) eine Radwegebenutzungspflicht in diesem Abschnitt der Eppendorfer Landstraße nicht zwingend gebieten. Darüber hinaus gab das Gericht zu erkennen, dass die betreffenden Radwege nicht die erforderlichen Mindestkriterien nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 2 Absatz 4 Satz 2 StVO hinsichtlich ihrer Breite, ihres baulichen Zustandes und einer stetigen Linienführung aufwiesen. Der Radfahrweg war meistens zu schmal und auch vom Fußgängerbereich nicht deutlich abgegrenzt.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil ist die Berufung möglich, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird."

Das Urteil wurde am 18.12.2001 vom VG Hamburg unter den "Aktuellen Entscheidungen" ins Internet gestellt (vollständiges anonymisiertes Urteil / OCR - soweit möglicht korrigiert). Die Innenbehörde hat inzwischen die Zulassung der Berufung beantragt (Aktenzeichen 3 Bf 23/02) - mit einer Begründung, die von verstocktester Unbelehrbarkeit zeugt. Diese Berufung wurde auch zugelassen. Sehr gut, soll das Urteil durch die nächste Instanz veredelt werden. Inhaltlich kann die Klagebegründung durch Zeitablauf ja nur gewinnen. Hamburg will Radwegebenutzungspflichten nahezu ohne Radwege - soviel steht fest. Und da wird in ein, zwei Jahren das OVG noch weniger als jetzt das VG einfach sagen können, daß alles gut sei. Denn selbst die gnädigste Übergangsfrist aus der VwV-StVO hat einfach mal ein Ende, d.h. falls das OVG - anders als das VG - die Notwendigkeit einer Übergangsfrist anerkennen sollte, wäre die dann wohl um, weil ab dem 01.10.1998 gerechnet werden müßte.

Ab hier mit eher historischem Interesse weiterlesen,
da das im folgenden beschriebene Urteil des OVG Hamburg vom 04.11.2004 - 3 Bf 23/02 (siehe dort)
inzwischen selbst durch das Urteil des BVerwG vom 21.08.2003 - 3 C 15.03, (siehe dort) "Zur Klagebefugnis gegen Radwegebenutzungspflichten" aufgehoben wurde. Das Verfahren wurde an das OVG Hamburg zur Entscheidung in der Sache zurücküberwiesen (Aktenzeichen 3 Bf 427/03).

Dieses Urteil des VG Hamburg wurde auf die Berufung der Innenbehörde mit Urteil des OVG Hamburg vom 04.11.2002 - 3 Bf 23/02 aufgehoben, da der Kläger als Bonner nach Meinung des Gerichts keine Klagebefugnis haben soll. Die Revision zum BVerwG ist wegen heftiger Abweichung von den Urteilen anderer OVG (insbesondere VGH Kassel) zugelassen und die Revision wird auch eingelegt. Schon interessant: da gibt es gruselige Radwege, deren ärgerliche, hinderliche und auch z.T. gefährliche Fehler jedem Journalisten problemlos in die Kamera vermittelt werden können, und die sollen - entgegen materiellem Recht - benutzungspflichtig bleiben, weil sich der Kläger nur rund alle zwei bis drei Wochen darauf das Genick brechen könnte. Aber hin ist doch hin, oder?

Aber es ist auch ein Sieg, an den die Innenbehörde noch lange mit Grauen zurückdenken wird, wenn das für sie nur vordergründig positive Urteil vom BVerwG bestätigt werden sollte. Denn in den weiteren Ausführungen des Gerichts wird dargelegt, daß ihr jeder Neuhamburger in den für ihn interessanten Straßen ein Jahr lang in den Hintern treten kann. Viel Spaß auch. Klar, daß die Innenbehörde und die Hamburger Polizei diesen Teil des Urteils als "obiter dictum", d.h. als beiläufige Bemerkung abtun wollen, obwohl sich hier zeigt, daß das Gericht die Frage von Klagebefugnis und Klagefrist (falls es eine solche denn in Realität überhaupt gibt) vor dem Hintergrund der Art. 2, 19 Abs. 4 des Grundgesetzes zutreffend als verwoben ansieht.

Zum weiteren Fortgang des Verfahrens:

Benutzungspflichten in Hamburg demnächst deutlich seltener? Lesen Sie selbst:

WamS 13.02.2005: Stadt muß Straßen für Radfahrer freigeben
Die Welt 14.02.2005: Innenbehörde gibt zwei Straßen für Radfahrer frei - weitere sollen folgen
TAZ 14.02.2005: Freie Fahrt für freie Radler
TAZ 14.02.2005: Radwege-Pflicht / Visionslose Heuchelei (Kommentar)
Hamburger Abendblatt 14.02.2005: Erfolg für die Radfahrer
Die Welt 15.02.2005: Die Asphalt-Kämpfe verschärfen sich
(Aufhebung der Radwegepflicht sorgt für Diskussionen - ADAC ist empört: Verkehrsfluß wird behindert)
TAZ 15.02.2005: Keine Verhältnisse wie in Peking
TAZ 15.02.2005: Autos ohne Vorfahrt

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Zweites Hamburger Radwegeurteil

28.01.2002: das zweite Urteil des Verwaltungsgerichts - VG - Hamburg in einem "Musterverfahren" des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), Landesverband Hamburg gegen die Benutzungspflicht für einen unzumutbaren Radweg erging am 28.01.2002 (Aktenzeichen 5 VG 4258/2000). Der Kläger, ein Hamburger Radfahrer, hat gegen die Polizei gewonnen. Am 28.01.2002 wurde in Hamburg-Eimsbüttel im frischen Wind über das Schicksal schlimmer Radwege im Heußweg im Ortstermin beraten. Wer die Radwege dort kennt, ist vom Urteil nicht überrascht. Der Heußweg wird nach Rechtskraft endlich weitgehend NICHT benutzungspflichtige andere Radwege haben. Das Urteil liegt seit Ende Mai schriftlich vor und ist im Nichtamtlichen Teil des Verkehrsblatts in Auszügen veröffentlicht worden: Verkehrsblatt 2002, 518, (vollständiges anonymisiertes Urteil / OCR - soweit möglicht korrigiert). Die Innenbehörde hat inzwischen die - mit einer Begründung, die noch immer von verstocktester Unbelehrbarkeit zeugt, - Zulassung der Berufung beantragt. Die Berufung wurde zugelassen und eingelegt (Aktenzeichen 3 Bf 193/02).

Dieses Urteil ist angesichts der nun vorliegenden schriftlichen Begründung für die Radfahrer besonders wertvoll. Zwar verkannte das VG Hamburg m.E. die Bedeutung die Bedeutung des § 45 Abs. 9 StVO und interpretierte das Zusammenspiel von § 45 Abs. 9 StVO als Begrenzung der Legitimation der Verwaltung bei Beschränkungen des fließenden Verkehrs und § 39 Abs. 1 StVO als Verhaltensvorschrift für die Verkehrsteilnehmer falsch. Aber eine Bedeutung des § 45 Abs. 9 StVO sahen die Richter im konkreten Einzelfall ohnehin nicht, weil sie nicht soweit kamen. Die Verwaltung scheiterte schon eine Stufe tiefer. Das VG lenkte in vorbildlicher Weise den Blick auf die Anwendung des § 45 Abs. 1 StVO und die Ermessensausübung vor dem Hintergrund eindeutiger Verwaltungsvorschriften. Das wird Folgen weit über Hamburg hinaus haben.

Die Pressemitteilungen und Hintergrundinfos des ADFC zum Thema (seit 1998: Musterwiderspruch, zur Einreichung der Widersprüche, zur Einreichung der Untätigkeitsklagen, erster Erfolg durch das Nachgeben der Polizei in der Gertigstraße, Vorabinfo zu den Ortsterminen, zu den Urteilen usw.) sind auch im Internet zu finden.

Zum weiteren Fortgang des Verfahrens:

Benutzungspflichten in Hamburg demnächst deutlich seltener? Lesen Sie selbst:

WamS 13.02.2005: Stadt muß Straßen für Radfahrer freigeben
Die Welt 14.02.2005: Innenbehörde gibt zwei Straßen für Radfahrer frei - weitere sollen folgen
TAZ 14.02.2005: Freie Fahrt für freie Radler
TAZ 14.02.2005: Radwege-Pflicht / Visionslose Heuchelei (Kommentar)
Hamburger Abendblatt 14.02.2005: Erfolg für die Radfahrer
Die Welt 15.02.2005: Die Asphalt-Kämpfe verschärfen sich
(Aufhebung der Radwegepflicht sorgt für Diskussionen - ADAC ist empört: Verkehrsfluß wird behindert)
TAZ 15.02.2005: Keine Verhältnisse wie in Peking
TAZ 15.02.2005: Autos ohne Vorfahrt

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Skater-Urteil des Bundesgerichtshofes

19.03.2002: am 19. März 2002 hat der Bundesgerichtshof (BGH) unter dem Aktenzeichen VI ZR 333/00 ein wichtiges Urteil zur rechtlichen Einordnung der Inline-Skater gesprochen (NZV 2002, 225) (Pressemitteilung zum Urteil des BGH vom 19. März 2002). Anlaß war ein Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 15.08.2000 - 9 U 71/99, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2000, 470, nach dessen Begründung das Skaten auf Gehwegen ein Ende gehabt hätte. Betroffen sind die § 24 StVO und § 16 StVZO. Zu dem Urteil des OLG Oldenburg gab es eine sehr ablehnende Anmerkung von Dr. Bouska (hinter dem Urteil abgedruckt), der der BGH im Ergebnis offenbar folgte.

Der BGH konnte sich der Begründung des OLG Oldenburg nicht anschließen, sich ihr aber erwartungsgemäß auch nicht vollständig verschließen wie ein Blick auf die Gründe der Entscheidung (unter 2 a) zeigt.

Wie man sieht, hat der BGH die Arbeit, Inline-Skater rechtlich einzuordnen, an den Verordnungsgeber zurückgegeben - wo sie auch hingehört. Warten wir aber die schriftliche Urteilsbegründung ab, um zu verstehen, was uns das Urteil wirklich lehren will. Mal sehen, wie das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen das jetzt in den Griff bekommt. Hilfsangebote - z.B. einen internationalen Rechtsvergleich (Vogenauer: Die rechtliche Einordnung von Inline-Skates im Straßenverkehr - ein Rechtsvergleich, NZV 2002, 537) - gibt's bald genug (wobei die Vorschläge, Inlineskater den Radfahrern anzugleichen, m.E. etwas zu optimistisch im Hinblick auf die Qualität des Angebotes, d.h. der Radwege sind).

Und hier der eigene Kommentar hierzu:

Über ein halbes Jahrzehnt schleicht die Verkehrspolitik nun schon um ein Fläschchen mit einen gefährlichen Geist darin herum. Einige meinen, in dieser Flasche sei der Geist der Freiheit drin, andere vermuten eher einen Todesengel. Durch ihre Untätigkeit gab die Verkehrspolitik dem Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg die Gelegenheit, diese Flasche mit Schwung zu Boden zu werfen, wo sie nun in tausend Scherben liegt und vielleicht - aber nur unter den größten Schwierigkeiten - vom Verordnungsgeber zusammen geflickt werden kann. Dieser Geist heißt Inline-Skaten, die Flasche § 24 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) bzw. § 16 Abs. 2 der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO).

Viele "Experten" sagten dem Inline-Skaten keine lange Lebensdauer voraus, hatten doch die Älteren schon einige Moden kommen und gehen sehen. Ferner hielten sie die ganze Sache auch für wohl geregelt, da man mit § 24 StVO auch das Spielzeug "Inline-Skate" längst vor seiner Erfindung zur größten Zufriedenheit aller in der Schublade "sonstiges Fortbewegungsmittel" abgelegt hatte. So auch die bisherige Rechtsprechung bis hin zu den Oberlandesgerichten: Urteile des OLG Karlsruhe vom 24.07.1998 - 10 U 60/98, NZV 1999, 44, des OLG Celle vom 28.04.1999 - 9 U 267/98, NJW-RR 1999, 1187 und zuletzt des OLG Koblenz vom 10.01.2001 - 1 U 881/99, NJW-RR 2001, 1392 (wobei letzteres sich zu der höchst zutreffenden Aussage verstiegen hat, Inline-Skates seien keine KRAFTfahrzeuge - echt cool; da war wohl der kleine Fehlerteufel am Werk). Es war doch völlig offensichtlich, daß die z.T. schon lange erwachsenen Spielkinder mit ihren völlig ungelenken Bewegungen und ohne Beleuchtung lediglich in Spielstraßen einmal die Gehwege verlassen durften. Eine Minderheit zweifelte zwar, da die ungelenken Bewegungen immer fließender wurden und schon mancher Radfahrer von durchtrainierten Skatern überrundet worden ist. Aber diese Zweifler niemand nahm wirklich ernst.

So kam es zwar immer wieder mal zu Unfällen auf dem Bürgersteig, bei denen unschuldige Passanten zu Boden gingen und sich den einen oder anderen Knochen brachen, der - je nach Lebensalter des oder der Betroffenen - mehr oder weniger schnell wieder zusammenwuchs. Aber in solchen Fällen war die Schuldfrage einfach zu klären: schuld waren die "rücksichtslosen" schnellen Skater. Auch die Einzelfälle, bei denen Skater mit hoher Geschwindigkeit gegen irgendwelche Umlaufsperren liefen und daran mitunter sogar starben, konnten schnell zu den Akten gelegt werden: selber schuld.

Die Befürworter der Fahrbahnbenutzung organisierten derweil Blade-Nights oder ähnliche Protestveranstaltungen, um sich das Recht auf die Fahrbahnnutzung zu erstreiten. Aber auch damit konnten sie die Verwaltung nicht zu grundlegenden Änderungen der StVO bewegen.

Irgendwann kam es aber, wie es kommen mußte. Eine Skaterin aus Deutschlands Nordwesten stieß im Jahr 1998 außerorts auf einer Straße ohne Geh- und Radweg mit einem "Kleinroller" zusammen, obwohl die Straße für beide mehr als breit genug gewesen ist. Damit gab sie dem OLG Oldenburg die Gelegenheit zu einem überraschenden und für die Skaterin wohl eher unbefriedigenden Urteil. Die Einlassung der Skaterin, sie habe sich wie eine Fußgängerin auf der linken Fahrbahnseite halten müssen, ließen die Richter nämlich nicht gelten. Wortreich, aber nachvollziehbar leiteten sie her, daß die Skaterin sich als Fahrzeugführerin am rechten Rand der Fahrbahn halten mußte. Folgte man dieser Entscheidung - müßten Skater "als Fahrzeugführer" gut begründen, wenn sie den Gehweg benutzten. Davor hat sie der BGH zunächst einmal bewahrt. Im Großen und Ganzen hat er die Begründung des OLG Oldenburg kassiert, ohne den Urteilstenor für falsch zu erklären. Das ganze Theater umsonst, weil es im diesem Fall eingentlich nicht darauf ankam, ob Skater Fahrzeugführer sind oder nicht? Fast sieht es so aus. Aber eben nur fast.

Das Thema hat ein Jahr lang viele Leute beschäftigt. Mit seiner Urteilsbegründung hat es das OLG Oldenburg der Verkehrspolitik auch nicht leicht gemacht, die Skater wieder einzufangen. Dieser gordische Knoten war auch für den BGH nur noch unter Hinweis auf Änderungsbedarf bei der StVO und StVZO zu durchschlagen. So attestierte das OLG den Skatern, das Inline-Skaten sei eine Fortbewegungsmöglichkeit mit einer technisch bedingten Mindestgeschwindigkeit oberhalb der - auf Gehwegen als maximal zulässig anzusehenden - Schrittgeschwindigkeit. Läßt sich dies nicht widerlegen, ist die Verbannung der Skater auf die Gehwege bei einer Änderung der StVO oder StVZO in Zukunft kaum noch zu begründen. Und daß Skater, die ja ein zweispuriges Fahrzeug führen, auf Radwegen fahren sollten, wäre - abgesehen davon, daß Skater auf keinen Fall Radfahrer sind - überhaupt nicht nachzuvollziehen. Mit einem mehrspurigen Fahrrad kann und muß nämlich auf vielen Radwegen, die den Mindeststandards der Verwaltungsvorschrift zur StVO hinsichtlich der Breite und Oberfläche nicht entsprechen, nicht gefahren werden. Diese Einschätzung dürfte auf Skater übertragbar sein. Ferner dürfte ein Verbot des Skatens - als radikalster Befreiungsschlag für die deutschen Verkehrswege - schon politisch nicht durchsetzbar sein.

Die Lösung des Problems ist nicht einfach. Die platte Einordnung der Skater als Fußgänger für alle Zeiten hat auch der BGH nicht mehr gewagt, obwohl er dieser Lösung zuneigt, weil ihm Skater auf der Fahrbahn zu unsicher sind. Das wird spannend. Denn führt man den Skater als eigenes Verkehrsmittel ein, stellt sich die Frage, wohin damit. Schlimmer aber - man braucht für diese Lösung womöglich noch viel mehr Schilder als bisher. Auch die StVO wird damit nicht transparenter. Einfache Lösungen, wie z.B. Tempo 30 innerorts und die generelle Erlaubnis für Radfahrer und Skater, dort die Fahrbahnen zu benutzen, sind dagegen nicht zu erwarten. Sie gelten (zu Unrecht) als autofeindlich. Zur weiteren Entwicklung beachten Sie bitte auch die Seite (Hamburger) Verkehrspolitik 2002 - 2003.

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Einstweilige Anordnung zum schnellen Schilderabräumen oder -abkleben

06.05.2002 / 18.06.2002: Ärgerlich: Schild weggeordnet und damit Anfechtungsklage nicht möglich, aber Schild noch da. Davon handelt der Beschluß des VG Berlin vom 06.05.2002 - VG 27 A 50.02. Der Antragsteller (Radfahrer) gewann dieses Verfahren - wie auch eine Leistungsklage wegen anderer längst weggeordneter Schilder - (vgl. VG 27 A 13.02, Urteil vom 03.07.2003).

Dann aber kam der Hammer. Die Exekutive scherte sich nicht um den Beschluß vom 06.05.2003 und kassierte mit Beschluß des VG Berlin vom 18.06.2003 - VG 27 A 50.02 eine Zwangsgeldandrohung - ein eher seltener Fall in diesem unseren schönen Land.

Siehe auch Pressemitteilung Nr. 16/2002 des VG Berlin .

Gesetzmäßige Verwaltung trotz fehlender Haushaltsmittel (Nr. 16/2002)

Berlin, den 25.06.2002

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin hat das Land Berlin an seine Pflicht zur gesetzmäßigen Verwaltung erinnert, die auch angesichts knapper Haushaltsmittel besteht.

Der Antragsteller hatte gegen eine Vielzahl von Verkehrszeichen, die eine Radwegbenutzungspflicht vorschreiben, Widerspruch erhoben. Der Polizeipräsident in Berlin half diesen Widersprüchen im Mai und Juni 2001 ab und erklärte, die Radwegbenutzungspflicht könne entfallen, ihre Aufhebung sei beabsichtigt, die Verkehrszeichen könnten entfernt werden; in Einzelfällen sei jedoch zusätzlich eine Programmänderung an Lichtzeichenanlagen erforderlich.

Nachdem in der Folgezeit nichts geschah, rief der Antragsteller das Verwaltungsgericht an. Im gerichtlichen Verfahren legte der Polizeipräsident in Berlin insgesamt sieben Schreiben vor, mit denen er gegenüber dem Straßen- und Grünflächenamt des Bezirksamtes Mitte von Berlin entsprechende Maßnahmen zur Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht angeordnet hatte. Zugleich legte er jedoch auch ein Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vor, in dem diese ausgeführt hatte, die Änderungen könnten aufgrund derzeitiger Haushaltslage nicht beauftragt werden, weil im derzeitigen Zustand keine Gefährdung vorliege.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2002 hat die Kammer das Land Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten in Berlin, im Wege der einstweiligen Ordnung verpflichtet, diese 24 im Einzelnen benannten Verkehrsschilder zu entfernen oder als nichtgültig kenntlich zu machen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Berufung auf fehlende Haushaltsmittel sei im Hinblick auf die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde und das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung „offensichtlich und nach jeder denkbaren Betrachtungsweise rechtlich verfehlt“.

Nachdem noch immer die Verkehrszeichen nicht entfernt oder als nichtgültig kenntlich gemacht worden waren, hat das Verwaltungsgericht nunmehr mit Beschluss vom 18. Juni 2002 auf Antrag des Antragstellers ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro pro Verkehrsschild, also in Höhe von insgesamt 4.800 Euro, angedroht, sofern der Antragsgegner nicht bis zum 1. August 2002 der einstweiligen Anordnung aus dem genannten Beschluss vom 6. Mai 2002 nachkommt.


Beschlüsse der 27. Kammer vom 6. Mai und 18. Juni 2002 - VG 27 A 50.02

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Gemeinsamer Zweirichtungrad- und Gehweg bestätigt

01.08.2002: mit einer schon heute - angesichts einer Flotte von Urteilen mit anderer Auffassung - reichlich antiquiert wirkenden Begründung wurde eine Klage gegen einen gemeinsamer Zweirichtungrad- und Gehweg abgeschmettert (Urteil des VG Lüneburg vom 01.08.2002 - 5 A 95/00 - OCR-Scan - fehleranfällig). Meines Erachtens hat der Beschluß des OVG Lüneburg vom 05.12.2003 - 12 LA 467/03, VkBl 2004, 181 und VerkMitt 2004 Nr 46 ("amtlich" von der OVG-Website) zum Urteil des VG Hannover vom 23.07.2003 - 11 A 5004/01 (HTM oder PDF) dieses Urteil im Prinzip endgültig zu einer Randnotiz gemacht. Antiquiert war die Begündung in Wirklichkeit jedoch schon im Sommer 2002.

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Einen Radfahrer überholen im Lichte der neuesten Rechtsprechung des KG Berlin

12.09.2002: das Urteil des Kammergerichts Berlin (Instanz "Oberlandesgericht") vom 12.09.2002 - 12 U 9590/00, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV) 2003, 30 wird unter der folgenden Überschrift mit den folgenden Leitsätzen veröffentlicht:

"Volle Haftung des Busfahrers bei geringem Seitenabstand zum Radfahrer; Haftung des Busunternehmers als Quasi-Versicherer

1. Wenn ein Radfahrer einen Radweg verlässt, hat er eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auf der Fahrbahn auszuschließen (§ 10 StVO).
Hat sich nach dem Ende eines Radweges der Radfahrer ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in den fließenden Verkehr auf der Fahrbahn eingeordnet, so hat der Kraftfahrer - hier eines Verkehrsbusses - einen Abstand von jedenfalls 1,50 m zum Bürgersteig einzuhalten.

2. Verringert der Busfahrer den Seitenabstand von mindestens 1,50 m zum Bürgersteig unerwartet auf allenfalls 1 m, um an eine Bushaltestelle heranzufahren, und kommt hierdurch der Radfahrer zu Fall, so hat er den Unfall allein verursacht und verschuldet.

3. Wenn der Busfahrer Verletzungen eines Dritten - hier des Radfahrers - rechtswidrig und schuldhaft herbeiführt, haftet für materielle und immaterielle Schäden des Dritten neben dem Busfahrer auch das gemäß § 2 I Nr. 4 und Nr. 5 PflVG von der Versicherungspflicht freigestellte Betriebsunternehmen wie ein Versicherer nach § 2 II 1 PflVG. Die Eintrittspflicht als Quasi-Versicherer tritt neben die eigene Haftung des von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalters gemäß § 7 I StVG und des Dienstherrn gemäß § 831 I 1 BGB. Die Entlastungsmöglichkeit nach § 831 I 2 BGB gilt hier nicht."

Das wird teuer für den beklagten "Eigenbetrieb von Berlin" (Anstalt des öffentlichen Rechts, Unternehmensbereich Omnibus). Hintergrund: jeder Radweg hat einmal ein Ende. Manchmal eines mit Schrecken. So war's jedenfalls hier. Und eines ohne Gnade, wenn man dem offenbar wenig radfahrerfreundlichen Langericht Berlin gefolgt wäre, daß den Radfahrer nicht entschädigen wollte, weil es noch einen Zusammenhang mit der Auffahrt des Radfahrers auf die Fahrbahn an der letzten Kreuzung sah.

Dabei hatte dieser die gefährliche und durch § 10 StVO zu Lasten des Radverkehrs geregelte Situation der Auffahrt auf die Fahrbahn längst gemeistert, als er von einem überholenden Bus an einer Bushaltestelle von der Straße gedrückt wurde. Ein häufiger Fehler Berliner Busfahrer, den ich dort früher oft erlebte. Aber diesmal wird's ein teurer Fehler. Alleine das Mindest-Schmerzensgeld wurde vom Gericht mit 20.000 EUR beziffert.

In der Urteilsbegründung kommt übrigens zum Ausdruck, daß der Seitenabstand zum Radfahrer mindestens 1,50 Meter betragen sollte. Die 1,50 Meter zum Fahrbahnrand beim Überholen eines Radfahrers sind danach der minimalste Minimalabstand. Dazu aus dem Urteil:

... Wenn ein Kraftfahrer auf einen neben seinem Fahrzeug befindlichen Radfahrer zu achten hat, weil er diesen überholen will, hat er stets dessen Ausschwenken zu berücksichtigen. Deshalb und wegen der eigenen Geschwindigkeit hat der Kraftfahrer einen Seitenabstand von regelmäßig mindestens 1,5 m bis 2 m - jedenfalls 1 m - einzuhalten (BGH, VersR 1959, 947; KG, Urt. v. 3. 2. 2000 - 12 U 6200/98 -; Hentschel, a.a.O., StVO § 5 Rdn. 55, 56). Zu diesem Seitenabstand ist noch ein weiterer Abstand auf der anderen Seite des Radfahrers von jedenfalls 35 cm zu berücksichtigen (KG, Urt. v. 27. 5. 1953 - 1 Ss 94/53 = VRS 5, 465, 467; KG, Urt. v. 14. 5. 1987 - 12 U 1548/86 - unter Hinw. auf BGH, VRS 31, 404 = VersR 1966, 1185 und OLG Schleswig, VerkMitt 1973, 60: Der Seitenabstand hat mindestens etwa 1,50 m zu betragen; OLG Karlsruhe DAR 1989, 299 : 2 m Seitenabstand zu einer Radfahrerin mit einem vierjährigen Kindergartenkind auf dem Gepäckträger). Hiernach hat ein Busfahrer beim Überholen eines Radfahrers mit seinem Bus einen Abstand von jedenfalls 1,50 m zum Bürgersteig einzuhalten; hierbei ist zugunsten des Busfahrers der Abstand des Radfahrers zum Bürgersteig eingerechnet. ...

Minimaler als 1,50 Meter ist schon krimenell. Es darf aber auch ruhig mehr sein. Hoffentlich kommt das in der Presse an. Sonst sehe ich's schon krachen - mit 1,50 Meter Abstand zum Fahrbahnrand ...

Unter dem Urteil hat die Schriftleitung der NZV netterweise noch Hinweise auf zwei der bisher in der NZV veröffentlichten Urteile zur Radwegebenutzungspflicht und die diesbezüglichen Urteilsanmerkungen abgedruckt.

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Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz I

25.09.2002: davon handelt das Urteil des VG Lüneburg vom 25.09.2002 - 5 A 161/01, NZV 2003, 255

Fahrräder dürfen auf Bahnhofsvorplätzen abgestellt werden

VG Lüneburg - Az.: 5 A 161/01, Urt. v. 25.09.2002

Das Abstellen von Fahrrädern auf Bahnhofsvorplätzen darf nicht verboten werden.

Die Richter gaben damit der Klage eines Radlers gegen die Stadt Lüneburg statt. In der Straßenverkehrsordnung gebe es kein "Haltverbot" für Gehwegflächen. Das Urteil sei bedeutend für zahlreiche Städte, die Probleme mit "wild" abgestellten Fahrrädern hätten. Der Fahrradfahrer hatte 15 Euro für die Auslösung seines Rades zahlen müssen, nachdem städtische Mitarbeiter das auf dem Bahnhofsvorplatz abgestellte Gefährt einkassiert hatten. Die Stadt hatte seit 1999 regelmäßig "wild" abgestellte Räder abgeholt. Mit Verkehrsschildern für ein eingeschränktes Halteverbot und dem Zusatzschild "auch Radfahrer" sollten die Räder in den Radspeicher gezwungen werden. Das Halteverbot könne sich nur auf die Fahrbahn im Bahnhofsbereich beziehen, stellte das Gericht fest. Es gelte nicht für die Gehwege. Die Straßenverkehrsordnung untersage ein Abstellen von Rädern auch nicht auf anderen Plätzen.

Quelle: dpa vom 25.09.2002

Mehr muß man als Radfahrer von diesem Urteil eigentlich nicht verstehen. Vielleicht sollte man beim Abstellen aber immer an das Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO denken und beim Abstellen Feuerwehrzufahrten, Fluchtwege, Wege für Rollstuhlfahrer und Radwege (!!) meiden.

Und dann lachen wir einfach mal über das folgende Bild vom Bahnhofsvorplatz in Celle (einer weiteren Stadt im Bezirk des VG Lüneburg):

Ein verbotenes Fahrradparkverbot in Celle

Zu dem Urteil gibt es noch einen sehr guten und launigen Artikel des Kieler Rechtsanwalts Dr. Dietmar Kettler, "Das Abschleppen von Fahrrädern", NZV 2003, 209

Dieses Urteil des VG Lüneburg wurde mit Urteil des OVG Lüneburg vom 06.06.2003 (siehe: Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz II) und durch das Urteil des BVerwG (siehe:Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz III) bestätigt.

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Bonner Radfahrer muß Hamburger Radwege weiter nutzen und darf sich nicht wehren. (Urteil aufgehoben)

04.11.2002: lesen Sie dazu das Urteil des OVG Hamburg vom 04.11.2002 - 3 Bf 23/02 (pdf; und hier htm), NZV 2003, 351, "Klagebefugnis und Widerspruchsfrist bei Verkehrszeichen" (inzwischen vom BVerwG durch Urteil vom 21.08.2003 - 3 C 15.03 aufgehoben).

Anstatt eines Urteils über die Radwegbenutzungspflicht bekommt der Kläger des ersten Hamburger Radwegeprozesses auf die Berufung der Innenbehörde gegen das erstinstanzliche Urteil des VG Hamburg ein sogenanntes "Prozeßurteil", mit dem ihm mitgeteilt wird, er sei - als Bonner - doch überhaupt nicht betroffen, wenn nur ab und zu durch die betreffende Straße fahre. Falls er mal wieder nach Hamburg, dann aber bitteschön Eppendorf ziehe, könne er gerne noch einmal von vorne anfangen. So meint das Gericht offenbar, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG vermeiden zu können. Ein unnützes Urteil: eigentlich wollten wir ja wissen, wie weit Behörden beim Ausschildern von Radwegen gehen dürfen. Mit dem Urteil widerspricht das OVG Hamburg jüngeren Urteilen des VGH Kassel zur Klagebefugnis radikal und läßt daher die Revision zu. Die Leitsätze des Einsenders in der NZV lauten:

"1. Ein Verkehrsteilnehmer kann eine Verletzung seiner eigenen Rechte i.S.v. § 42 II VwGO durch eine Verkehrsregelung nur dann geltend machen, wenn er nach den Gesamtumständen des Einzelfalls glaubhaft macht, dass er von den angefochtenen Verkehrszeichen nach seinen persönlichen Lebensumständen in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit tatsächlich betroffen ist. Es kommt insoweit darauf an, wie häufig der Verkehrsteilnehmer den betroffenen Straßenabschnitt befährt (gegen VGH Kassel, Urt. v. 31. 3. 1999, NJW 1999, 2057).

2. Die für einen Widerspruch gegen Verkehrszeichen geltende Jahresfrist beginnt nicht bereits für jedermann mit dem Zeitpunkt der Aufstellung des Verkehrszeichens an zu laufen, sondern erst, wenn der Verkehrsteilnehmer (erstmalig) im Sinne von Leitsatz 1 von der Regelung “betroffen” wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 11. 12. 1996, BVerwGE 102, 316, 318f.)."

Wundere sich nach einem solchen (Fehl-)Urteil niemand, wenn Radfahrer einfach tun, was sie wollen. Das erspart viel ihnen Streß, Nerven und Geld. Ob man so aber zu einem sicheren und allgemein akzeptieren Verhalten im Straßenverkehr kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Ferner müssen Gerichte bei Anwendung dieses Urteils soviele innere Tatsachen prüfen, daß das Urteil unanwendbar ist. Was tun, wenn z.B. ein Neuhamburger seine Klagefrist verkauft, obwohl er nie Fahrrad fährt? Was, wenn jemand schon lange hier wohnt und plötzlich mit dem Radfahren beginnt? Fragen über Fragen ...

Gegen dieses Urteil wendet sich der Bonner Privatdozent Dr. Hans-Georg Dederer mit seinem Aufsatz: "Rechtsschutz gegen Verkehrszeichen - Klagebefugnis und Widerspruchsfrist bei der Anfechtung von Verkehrsregelungen durch Verkehrszeichen", NZV 2003, 314 mit folgender Inhaltsangabe:

"Der Beitrag setzt sich mit einem jüngst ergangenen Urteil des OVG Hamburg (in diesem Heft) kritisch auseinander, welches die gegen eine Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen gerichtete Anfechtungsklage wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen hat. Für das höchstrichterlich ungeklärte Problem der Klagebefugnis bei der Anfechtung von Verkehrsregelungen durch Verkehrszeichen wie für die in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortete Frage nach dem Beginn der Widerspruchsfrist soll nachfolgend ein Lösungsvorschlag entwickelt werden."

und dem zwei Seiten weiter - im Text erschöpfend begründete - wesentlichen Ergebnis:

" 1. Nach der so genannten "Adressatentheorie" sind Verkehrsteilnehmer zur Anfechtungsklage gegen eine bestimmte Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen i.S. des § 42 II VwGO klagebefugt, wenn sie nach ihrer Darlegung tatsächlich mindestens einmal in die "konkrete örtliche Verkehrssituation" geraten sind, für welche die in Gestalt des Verkehrszeichens verlautbarte, an sie als Verkehrsteilnehmer gerichtete "situationsbezogene Verkehrsregelung" gilt.

2. Die gem. §§ 70 II , 58 II 1 VwGO einjährige Widerspruchsfrist beginnt nach § 70 I 1 VwGO gegenüber einem Verkehrsteilnehmer zu laufen, sobald der Verkehrsteilnehmer erstmalig in die “konkrete örtliche Verkehrssituation” gerät, dadurch zum Adressaten der “situationsbezogenen Verkehrsregelung” wird und das Verkehrszeichen subjektiv wahrnimmt bzw. bei Beachtung der nach § 1 StVO gebotenen Sorgfalt wahrnehmen könnte."

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Noch einmal Benutzungspflicht für Liegeradfahrer, ...

05.12.2002: ... noch einmal der VGH Baden-Württemberg, noch einmal derselbe Kläger: aua! Fundamentalopposition gegen Radwegebenutzung erzeugt bei Behördenmitarbeitern offenbar den Wunsch, den Willen eines Radfahrers endgültig zu brechen. Die Straßenverkehrsbehörde soll nach dem Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 05.12.2002 - 5 S 2625/01 NVZ, 2003, 301 (mit Anmerkung Bitter) einem Radfahrer durch Verwaltungsakt die Befolgung aller durch Schilder (also Allgemeinverfügung - auch Verwaltungsakt) angeordneten Radwege aufgeben dürfen. Das ist ein recht fragwürdiges Konstrukt, da in der Riesenmenge aller beschilderten Radwege auch viele rechtswidrige Benutzungspflichten zu finden sein dürften. Ferner ist es etwas eigenartig, zweimal dasselbe anzuordnen. Das hat der VGH wohl nur mitgemacht, um dem fundamentaloppositionellen Kläger nicht auch noch zu bestärken. Daß der Mann nicht im Recht ist, weiß er eigenlich schon eine Weile (Beschluß des BVerwG vom 31.05.2001 - 3 B 183.00, NZV 2001, 493). Insgesamt ein Urteil für den Schredder.

Vielleicht sollte dieser Kläger einmal beginnen, Schild um Schild an den Pranger zu stellen. Wut genug hat er ja.

Jedenfalls wäre ihm nun zu empfehlen, mal einen zweispurigen Anhäger hinterzuspannen. Denn dann könnte ihm die Polizei angesichts der im Urteil geschilderten Radwegequalität gleich mal den Buckel runter rutschen.

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"Schnee- und Eis"-Urteil des OLG Oldenburg (aufgehoben)

06.12.2002: nach dem im passenden Augenblick (02.01.2003 - ein recht eisiger und verschneiter Tag) veröffentlichten, überraschenden inzwischen vom BGH aufgehobenen Urteil des OLG Oldenburg vom 06.12.2002 - 6 U 150/02, zur Räum- und Streupflicht für gemeinsame Geh- und Radwege (Zeichen 240) können Radfahrer sich nicht auf eine Verletzung dieser Pflicht berufen, wenn sich die Radverkehrsanlage nicht in dem für einen sicheren Radverkehr notwendigen Zustand befindet (hängt aber auch vom Landesrecht ab - z.B. in Hamburg siehe Hamburgisches Wegegesetz - HWG - -- insbesondere § 33 HWG (siehe unten) -- danach für Radfahrer bei Schnee und Eis ähnliche Rechtslage in Hamburg).

Geklagt hatte ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer nach einem Sturz vom Fahrrad auf einem mit Z 240 freigegebenen, aber vereisten Verbindungsweg 6 Wochen lang die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall leisten mußte, und wegen dieses Betrages die in Niedersachsen räum- und streupflichtige Gemeinde (insoweit also etwas anders als in Hamburg) in Anspruch nehmen wollte. Beim Landgericht Oldenburg hatte er noch obsiegt (Az. 5 O 1127/02). Dieses Urteil wurde von dem für Amtshaftpflichtsachen zuständigen Senat des OLG Oldenburg im Berufungsverfahren aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die zwar grundsätzlich bestehende und von der beklagten Gemeinde wohl auch verletzte Räum- und Streupflicht schütze auf der den Fußgängern und Radfahrern gleichermaßen zugewiesenen Fläche nicht Radfahrer mit ihren gegenüber Fußgängern höheren Ansprüchen an den Zustand der "Fahrbahn-"oberfläche, sondern ausschließlich die Sicherheitinteressen der Fußgänger. Diese entscheidende Kleinigkeit hatte das LG Oldenburg genau anders gesehen. Das OLG Oldenburg ließ die Revision zum BGH zu.

Für Radfahrer folgt daraus wieder einmal (siehe schon Urteil des OLG Celle vom 22.11.2000 - 9 U 104/00, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht - NZV - 2001, 217), daß sie sogar hinter einem Zeichen 240 keine für ihre Bedürfnisse geräumte Radverkehrsanlage erwarten dürfen, obwohl diese Fläche für Fußgänger hergerichtet werden müßte, sondern ggf. absteigen und ihr Fahrrad schieben müssen oder - bei einem straßenbegleitenden gemeinsamen Geh- und Radweg - auf die ihnen ansonsten verbotene, aber für den Fahrverkehr geräumte Fahrbahn wechseln dürfen (im Urteilsfall war letzteres mangels Fahrbahn ausgeschlossen).

Übrigens sehr positiv zu vermerken: zwei Instanzen innerhalb eines Jahres! Wo gibt es das noch? Der Sturz geschah am 17.12.2001.

Zum Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes, mit dem dieses Urteil aufgehoben wird.

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HWG § 33: Reinigung von Schnee und Eis

(1) Mit Ausnahme der ausschließlich dem Fahrradverkehr dienenden Flächen sind Gehwege von den nach § 29 Reinigungspflichtigen unbeschadet der Ausnahmen in § 29 Absatz 6 in der für den Fußgängerverkehr erforderlichen Breite von Schnee und Eis zu reinigen. Bei Eckgrundstücken ist bis an den Fahrbahnrand der kreuzenden oder einmündenden Straße zu räumen. Bei Anlagen nach § 29 Absatz 2 ist mindestens ein 1 m breiter Streifen auf jeder Seite des Weges von den nach § 29 Reinigungspflichtigen zu räumen. Treppen sind in voller Breite zu reinigen.

(2) Bei Glätte ist mit abstumpfenden Mitteln, wenn notwendig wiederholt, zu streuen. Tausalz und tausalzhaltige Mittel dürfen nicht verwendet werden. Der Senat kann durch Rechtsverordnung die Verwendung weiterer Streumittel, die sich auf die Wegebenutzer, den Wegekörper oder auf Pflanzen, Boden oder Gewässer schädlich auswirken können, untersagen. Im Hamburger Hafengebiet kann die Wegeaufsichtsbehörde Ausnahmen von Satz 2 zulassen.

(3) Schnee ist unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls zu räumen. Glätte ist sofort nach Eintritt abzustreuen; Eisbildungen, denen nicht ausreichend durch Streuen entgegengewirkt werden kann, sind zu beseitigen. Dauert der Schneefall über 20 Uhr hinaus an oder tritt danach Schneefall, Eis oder Glätte auf, sind die Arbeiten bis 8.30 Uhr des folgenden Tages, an Sonn- und Feiertagen bis 9.30 Uhr, vorzunehmen.

(4) Der Schnee ist auf dem Außenrand der in Absatz 1 genannten Anlagen oder außerhalb der Treppen so anzuhäufen, dass der Verkehr nicht behindert wird. Dabei sind Wegeübergänge, Radwege, Haltestellen der öffentlichen Verkehrsmittel sowie Flächen für Abfallbehälter und Sperrmüll am Abfuhrtag in dem erforderlichen Umfang freizuhalten. Vor Hauseingängen, Einfahrten, Schaltschränken sowie an Beleuchtungs- und Lichtsignalmasten darf der Schnee nicht angehäuft werden. Über den für Feuerlöschzwecke bestimmten Unterflurhydranten und an deren rotumrandeten Hinweisschildern ist der Schnee so zu beseitigen, dass diese Einrichtungen erkennbar bleiben.

(5) Straßenrinnen sind spätestens bei Eintritt von Tauwetter von Schnee und Eis so freizumachen, dass Schmelzwasser ablaufen kann.

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Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen die Pflicht zur Benutzung gesonderter Radwege

24.01.2003: der Beschluß des VG Sigmaringen vom 24.01.2003 - 2 K 2531/02, BeckRS 2004, 24487 entspricht eigentlich den Erwartungen. Vorläufiger Rechtsschutz bei Verkehrszeichen? An einer Bundesstraße außerorts? Da wollten die Richter verständlicherweise nicht so gerne ran.

Allerdings ist das Argument des Radfahrers, daß er beim linksseitigen Fahren gerade an stark befahrenen Straßen stark geblendet werde, nicht von der Hand zu weisen. Es ist dann gerade so, als führe man permanent gegen Fernlicht an. Das hätten die Richter beim Autofahren sicher auch nicht gern, gell?

Ferner sind Radfahrer auf gemeinsamen Geh- und Radwegen links und in der Nacht doppelt angeschmiert, wie der Beschluß des OLG Oldenburg vom 09.03.2004 - 8 U 19/04, Radfahren auf kombinierten Geh- und Radwegen bzw. freigegebenen Gehwegen zeigt (und das ist nicht die einzige Entscheidung, die dem Radfahrer beim Zusammenstoß die Alleinschuld gibt).

Urteil im PDF-Format von dieser Seite

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Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz II

06.06.2003: das OVG Lüneburg haut der Stadt Lüneburg die Berufung gegen das Urteil des VG Lüneburg vom 25.09.2002 - 5 A 161/01, NZV 2003, 255 (siehe auch Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz I) mit Urteil vom 06.06.2003 - 12 LB 68/03 "(Kein) Halt- bzw. Parkverbot für Fahrräder auf Fußgängerverkehrsflächen" VkBl 2003, 650; NdsVBl 2003, 265; NordÖR 2003, 375; VerkMitt 2003, Nr 72 um die Ohren und beruft sich dabei u.a. auf den Aufsatz des Kieler Rechtsanwalts Dr. Dietmar Kettler, "Das Abschleppen von Fahrrädern", NZV 2003, 209. Die Autorität des Urteils leidet jedoch etwas darunter, daß das OVG sich genötigt sah, beim Bundesverkehrsministerium eine Stellungnahme einzuholen, anstatt sich alleine auf die hervorragenden Argumentationsstränge des VG Lüneburg und des Dr. Kettler zu stützen.

Dazu die Pressemitteilungen der Stadt Lüneburg vom 06.06.2003 und des ADFC KV Lüneburg. Die Stadt Lüneburg gedenkt offenbar, die zugelassene Revision nach Motto "Es kann nicht sein, was nicht sein darf!", zu begründen (beachten Sie bitte besonders das Foto auf der Seite!). Dazu paßt, daß die Stadt schon nach der Zulassung der Berufung durch das OVG im Februar 2003 seit Mai 2003 wieder kräftig und lauthals (mehrere Pressemitteilungen) mit dem Abschleppen begann. Jeder blamiert sich, wie er kann.

Das Urteil des OVG ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Lüneburg hat die zugelassene Revision eingelegt (siehe Pressemitteilung vom 01.08.2003).

Dieses Urteil des OVG Lüneburg wurde durch das Urteil des BVerwG (siehe:Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz III) bestätigt.

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Verwaltungsgericht Berlin beendet unzulässige Radwegebenutzungspflichten
- auch in breiten Straßen - ...

03.07.2003: ... und die Stadt Berlin will keine Berufung einlegen (stimmt inzwischen - Stand Ende September 2003 - nicht mehr; die Stadt hat in drei Fällen die Zulassung der Berufung beantragt und - Stand Mitte November 2003 - wieder zurückgenommen), sondern vielleicht sogar fast alle Z 237, 240 und 241 abbauen. Denn die Maßstäbe des Gerichtes überzeugen!

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Berlin Nr. 28/2003

Radwegbenutzungspflicht mitunter rechtswidrig (Nr. 28/2003)

Berlin, den 05.08.2003

Die Anordnung, den Fahrradweg zu benutzen, ist für manche Straßen Berlins rechtswidrig. Dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin in sieben nunmehr vorliegenden Urteilen und hob die Radwegbenutzungspflicht für Teile der Schönerlinder Straße, der Scharnweberstraße, der Müllerstraße, der Fennstraße und der Bundesallee auf.

Radfahrer haben grundsätzlich wie alle anderen Fahrzeuge die Fahrbahn zu benutzen. Ist ein nicht weiter gekennzeichneter Radweg vorhanden, dürfen sie ihn benutzen, müssen es jedoch nicht. Nur wenn die Benutzung des Radweges durch die Verkehrszeichen 237, 240 oder 241 (rundes blaues Schild mit weißem Fahrrad) angeordnet ist, müssen Radfahrer auf ihm fahren.

Voraussetzung für eine solche Anordnung sei, so das Gericht, eine durch besondere Umstände begründete Gefahrenlage, durch die die Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beeinträchtigt werde und die die Anordnung der Radwegbenutzungspflicht zwingend gebiete. Auch dann müsse der Radweg jedoch geeignet sein und den Anforderungen der Verkehrssicherheit genügen. So dürfe er nur in begründeten Ausnahmefällen die durch Verwaltungsvorschrift bundeseinheitlich vorgegebene Breite von 1,50 m unterschreiten. Eine Ausnahmegenehmigung der Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr aus dem Jahre 1998, die übergangsweise ein Unterschreiten dieser Mindestbreite generell erlaubte, könne nach nunmehr fünf Jahren nicht mehr herangezogen werden, ohne das Verhältnis von Ausnahme und Regel zu verkehren, zumal bereits in der Ausnahmegenehmigung ein frühestmöglicher Ausbau zu schmaler Radwege verlangt worden sei.

Auch die Berufung auf fehlende Haushaltsmittel sei der Straßenverkehrsbehörde im Hinblick auf das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sowie auf ihre Aufgabe, Gefahren des Straßenverkehrs zu vermeiden, verwehrt.

Nach Auffassung des Gerichts entsprachen viele der zu beurteilenden Radwege diesen Anforderungen nicht, sei es, weil sie zu schmal oder schadhaft waren, weil Mülleimer der BSR oder Werbetafeln in sie hineinragten oder weil herabhängende Zweige ein Ausweichen erforderlich machten.

Auch erlaube ein starkes Verkehrsaufkommen für sich allein noch nicht die Annahme einer besonderen Gefahrenlage, die eine Trennung von Rad- und Autoverkehr zwingend erforderlich machen würde. Aufgrund des Rechtsfahrgebots seien Radfahrer verpflichtet, die äußere rechte Fahrspur einer mehrspurigen Straße zu benutzen. Der Verkehr auf den übrigen Fahrspuren gefährde sie folglich nicht. Sei die rechte Fahrspur dem Rechtsabbiegerverkehr vorbehalten, könne die links daneben befindliche Fahrspur jedenfalls dann gefahrlos auch durch Radfahrer genutzt werden, wenn von dieser Fahrspur aus nicht rechts abgebogen werden dürfe.

Urteile der 27. Kammer vom 3. Juli 2003 - VG 27 A 241.01, 246.01, 247.01, 299.01, 11.02, 12.02 und 13.02

Urteile des VG Berlin vom 3. Juli 2003 im Volltext im Internet - VG 27 A 241.01 (pdf, 1.500 kB), 299.01, 11.02 (ADFC Berlin, pdf - 473 kB) und 13.02

Pressemeldungen dazu

Inzwischen zurückgenommene Anträge auf Zulassung der Berufung:
- VG 27 A 246.01 => OVG 1 N 58.03
- VG 27 A 299.01 => OVG 1 N 56.03
- VG 27 A 11.02 => OVG 1 N 57.03

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Verwaltungsgericht Hannover: Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg gekippt

23.07.2003: Siehe Gegenwehr-Seite des ADFC KV Diepholz zum Thema mit Widerspruch, Klage und allen Reaktionen der Gegenseite, sowie von dieser Website das inzwischen rechtskräftige Urteil des VG Hannover vom 23.07.2003 - 11 A 5004/01, NZV 2005, 223: "Benutzungspflicht für linksseitigen Radweg nur im Ausnahmefall" (HTM oder PDF). Etwas merkwürdig sind die Einlassungen des Gerichts zur Widerspruchsfrist - was dann im Ergebnis aber nahezu egal ist (außer der für Haarspalter wichtigen Frage, ob Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage eingelegt werden muß).

Leider hat der Kläger nur die Benutzungspflicht für die eine Fahrtrichtung (weg von der B 6) weggeklagt, für die es eine linke Radverkehrsanlage war. Auf die Richtung kam es nach dem Urteil aber eher nicht an.

Ferner interessant: Streitwert 4.000 EUR für 130 Meter Benutzungspflicht. Da können die Gemeinden sich aber warm anziehen.

Ein Antrag auf Zulassung der Berufung wurde von der Gemeinde gestellt und - wenn auch merkwürdig - begründet, dieser Antrag aber mit Beschluß des OVG Lüneburg vom 05.12.2003 - 12 LA 467/03 zurückgewiesen.

Draufhin hat die Gemeinde Stuhr den Kläger beschieden, den umstrittenen Radweg befristet bis zum 31.12.2006 weiterhin als benutzungspflichtig zu beschildern und inzwischen zur endgültigen Beschilderung verbreitern zu wollen (der Grunderwerb muß erst noch erfolgen). Gegen diesen Bescheid hat der Kläger wegen der überlangen Übergangsfrist noch einmal Widerspruch eingelegt.

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Bundesverwaltungsgericht hebt das ärgerliche Urteil des OVG Hamburg vom 04.11.2002 - 3 Bf 23/02 auf

21.08.2003: auf die Revision des Klägers (des Radfahrers) wird das Urteil des OVG Hamburg vom 04.11.2002 - 3 Bf 23/02, NZV 2003, 351, "Klagebefugnis und Widerspruchsfrist bei Verkehrszeichen" aufgehoben und der Rechtsstreit zur Sachentscheidung an das OVG Hamburg zurückverwiesen (Urteil des BVerwG vom 21.08.2003 - 3 C 15.03 (pdf); und hier htm, NZV 2004, 52; DAR 2004, 45).

Das Verfahren wird beim OVG unter dem Aktenzeichen 3 Bf 427/03 fortgeführt.

Das Urteil ordnet das Prozeßrecht rund um die Verkehrszeichen neu und wird offenbar schon wegen der so geschaffenen Rechtssicherheit begrüßt (vgl. Urteilbesprechnung von Kettler, NZV 2004, 541 und Rebler, "Nochmals: Der Rechtsschutz im Bereich verkehrsbehördlicher Anordnungen", BayVBI. 2004, 554 - pdf 900 kB - HINWEIS zum Link: bei Nachfrage 2x "Ablage" eingeben).

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Unnützer gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg gekippt

23.09.2003: mit dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen VG vom 23.09.2003 - 3 A 275/02, NordÖR 2004 S. 217 oder NZV 2005, 221: "Radwegebenutzungspflicht nur bei besonderen Umständen", wird ein unnützer gemeinsamer Geh- und Radweg - unabhängig von seiner Qualität(!) gekippt -, weil einfach kein Bedarf dafür besteht. Das dürfte der Kassenwart der Gemeinde aber gar nicht gerne hören, weshalb die Gemeinde diese Erkenntnis vor dem Urteil noch scheute wie der Teufel das Weihwasser. Dazu schreibt Dr. Dietmar Kettler in einer Anmerkung der NordÖR 2004 S. 217:

"Das vorstehende Urteil ist das erste zur Radwegebenutzungspflicht, das die angefochtene Regelung allein schon deshalb für rechtswidrig erklärt, weil es auf dem fraglichen Straßenabschnitt keine erhebliche Steigerung der Gefährdungslage i.S.d. § 45 Abs. 9 StVO gibt, die mit ihr bekämpft werden soll. Alle übrigen bisher vorliegenden Urteile zur Radwegebenutzungspflicht waren allein oder jedenfalls ganz wesentlich auf die jeweilige Nichteinhaltung der baulichen Anforderungen der VwV zu § 2 StVO gestützt.

Zudem ist das Urteil das erste bekannt gewordene, das sich mit einem nach der StVO-Novelle von 1997/98 ("Fahrradnovelle") neu gebauten Radweg beschäftigt. Alle übrigen Urteile betrafen ältere Radwege, die allein schon wegen der damals häufigen Unterschreitung der heute vorgeschriebenen Mindestmaße nicht benutzungspflichtig sein durften. Das Urteil hat damit besondere Relevanz für Bau- und Verkehrsbehörden, die neue Radwege so bauen, dass die baulichen Mindestanforderungen der VwV erfüllt sind und dann ganz selbstverständlich annehmen, dass diese neuen Radwege dann auch mit Zeichen 237, 240 oder 241 ausgeschildert werden dürfen. Sie übersehen dabei augenscheinlich, dass die Erfüllung der baulichen Voraussetzungen zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die Benutzungspflicht ist und dass § 45 Abs. 9 StVO eine eigene weitere notwendige Anforderung ist."

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Neues "Schnee- und Eis"-Urteil des Bundesgerichtshofes

09.10.2003: das Schnee- und Eisurteil des OLG Oldenburg vom 06.12.2002 - 6 U 150/02 "Räumpflicht auf gemeinsamen Geh- und Radwegen" wurde vom BGH mit dem Urteil vom 09.10.2003 - III ZR 8/03 kassiert. Das OLG Oldenburg muß nun nachsitzen und den Sachverhalt weiter aufklären. Jedenfalls besteht nun doch die Chance auf Schadenersatz (für den Arbeitgeber der verletzten Radfahrerin, der zur Lohnfortzahlung verpflichtet war).

Bei dieser Gelegenheit bekräftigt der BGH zwar den Beschluß vom 20. Oktober 1994 - III ZR 60/94, NZV 1995, 144 ("Radfahrer dürfen bei nicht geräumten Radweg die Fahrbahn nutzen"). Andererseits verlangt er bei entsprechender Verkehrsbedeutung für Fußgänger, daß die gemeinsamen Geh- und Radwege geräumt sind und dann von Radfahrern genutzt werden (können). Der eigentliche Skandal ist, daß eine Räumung auf 1,00 bis 1,20 Meter Breite genügen soll:

"Die Einschränkung, daß der Schutz des Vertrauens auf die Einhaltung der Räum- und Streupflicht nicht bedeutet, daß die Nutzer von Sonderwegen wie gemeinsamen Fuß- und Radwegen auch bei Schnee- und Eisglätte erwarten dürfen, diese Wege genauso sicher und gefahrlos benutzen zu können wie bei idealen Wetterbedingungen, gilt auch für Fußgänger. So ist es anerkanntermaßen nicht erforderlich, daß Gehwege in ihrer ganzen Breite geräumt oder bestreut werden müssen. Es genügt, wenn ein Streifen geräumt oder bestreut wird, der es zwei Fußgängern gestattet, vorsichtig aneinander vorbeizugehen; dabei dürfte eine Breite von 1 bis 1,20 m erforderlich sein (vgl. Wichmann, aaO, Rn. 74; die im Senatsurteil vom 18. Dezember 1970 - III ZR 216/67 - VersR 1971, 416, 417 genannte Breite von 0,80 m ist zu gering bemessen). Ein an den Kriterien der Zumutbarkeit und der Leistungsfähigkeit ausgerichteter Winterdienst auf Gehwegen kann daher nicht das Ziel haben, jedwede Gefahr des Ausgleitens für Fußgänger völlig auszuschließen. Die Erwartung, bei winterlichen Witterungsverhältnissen ordnungsgemäß geräumte oder bestreute Wege vorzufinden, enthebt also auch den Fußgänger nicht der Verpflichtung, sorgfältiger als sonst seines Weges zu gehen."

Wie Radfahrer solche Bonsai-Streifen nutzen sollen, bleibt wohl das Geheimnis der Richter. Jedenfalls wird hier Eindruck erweckt, Radfahren wäre auf einem handtuchbreiten Streifen möglich, der als Radweg ausschließlich für Radfahrer mal gerade so genügen würde. Und wo bleiben die Fußgänger, die die Streupflicht auslösen? Ich fahre dann jedenfalls weiter auf der Fahrbahn, wenn diese geräumt ist.

So faßt auch die Redaktion von tv 14 das Urteil auf:

"Die 250 wichtigsten Urteile:

... Auto & Verkehr
Radfahrer zählen nicht


Kombinierte Rad- und Fußwege müssen nur so weit vom Schnee geräumt werden, dass zwei Fußgänger aneinander vorbeigehen können. Radfahrer müssen zur Not absteigen oder auf die Fahrbahn ausweichen. BGH III ZR 8/03
"

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Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet das Land Berlin (den Polizeipräsidenten) zur Neubescheidung über eine Radwegbenutzungspflicht

12.11.2003: Urteil des VG Berlin vom 12.11.2003 - VG 11 A 606.03,

"Nach Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung wurde in öffentlicher Sitzung nach Aufruf der Sache im Namen des Volkes das folgende Urteil verkündet:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin vom 9. Januar 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2003 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erlass verkehrsregelnder Maßnahmen - insbesondere auf Überprüfung der Radwegbenutzungspflicht für den beidseitigen Radweg des Spandauer Damms zwischen Luisenplatz und Fürstenbrunner Weg - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden."

Zum Hintergrund der Klage und des Urteils: liegen die Reisebus- und Kfz-Parkplätze zu dicht neben dem Radweg, kann die Straßenverkehrsbeörde nach Meinung des Klägers nicht einfach unter Hinweis auf die Sicherheit des Verkehrs die Benutzungspflicht anordnen und verteidigen, weil die Sicherheit des Radverkehrs so nicht gewährleistet ist. Ferner wies das VG Berlin in der Urteilsbegründung darauf hin, daß ein Drittel der Unfälle (32 von 96 in nur rund einem halben Jahr - April bis November 1999 - in dem nur rund einem Kilometer langen Abschnitt) durch abbiegende Kfz-Führer verursacht wurden. Auf eine Verpflichtungsklage wurde das Land Berlin zur Neubescheidung verurteilt. Eine Aufhebung der Benutzungspflicht aufgrund des Urteils gleichwohl nicht zwingend, da auch andere Maßnahmen dem Anliegen des Klägers Rechnung tragen würden - wenn es dann auf dem Radweg wirklich sicher zugeht.

Das Urteil des VG Berlin vom 12.11.2003 - VG 11 A 606.03 ist rechtskräftig. Ein Antrag auf Zulassung der Berufung wurde nicht gestellt. Die Sachbearbeiterin wollte mit der Tiefbauabteilung des Bezirks eine Ortsbesichtigung vornehmen und den Kläger dann neu bescheiden. Der Bescheid der neu geschaffenen Verkehrslenkung Berlin (VLB) vom 20.05.2005 ist das Ergebnis.

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VG Göttingen nutzt ERA 95 und Hinweise 98

27.11.2003: im Urteil des VG Göttingen vom 27.11.2003 - 1 A 1228/01 ("amtlich" von der OVG-Website) erfahren die "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" - Stand 1995 (ERA 95) und die "Hinweise zur Beschilderung von Radverkehrsanlagen nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung" - Stand 1998 (Hinweise 98), beide von der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV), endlich ihren gerichtlichen "Ritterschlag".

Ein weiteres ähnliches Urteil des VG Göttingen vom 27.11.2003 - 1 A 1196/01 ("amtlich" von der OVG-Website) ist ebenfalls lesenswert und wurde ähnlich begründet.

Das Ergebnis könnte sich sehen lassen, wenn nicht die Hinweise 98 den Unsinn verbreiteten, im Verlauf von Schulwegen sei die Benutzungspflicht manchmal auch bei sehr geringem Verkehrsaufkommen (unter 10.000 Kfz / 24 h oder sogar unter 5.000 Kfz / 24 h) in Übereinstimmung mit § 45 Abs. 9 StVO vertretbar. Wieso reicht die Möglichkeit zur Benutzung dort nicht? Weshalb müssen hier auch Erwachsene auf den Bürgersteig? Fragen über Fragen und keine Antwort! An dem Kriterium "Notwendigkeit der Benutzungspflicht" scheitert der Kläger deshalb teilweise.

Vielleicht hätten die Richter für die Beantwortung der Frage, welche Beschränkung des fließenden Radverkehrs dringend erforderlich ist, zunächst einfach einmal in die StVO sehen sollen. Das von Kindern bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres erwartete Verhalten ist in § 2 Abs. 5 StVO normiert. Im Umkehrschluß bedeutet das, daß ältere Kinder wie Erwachsene Radfahren sollen, weil man sie auf dem Bürgersteig aufgrund ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr dulden kann und aufgrund ihrer fortgeschrittenen Entwicklung auch nicht mehr dort festhalten muß. Das bedeutet aber gerade nicht, daß man mit Hinweis auf diese kleine Gruppe alle Radfahrer auf schlechte Radwege oder gar gemeinsame Geh- und Radwege zwingen darf oder muß. Im übrigen sollen genau diese Kinder nur wenige Jahre später sogar ein Tonne Blech über die Fahrbahn führen können. Dazu braucht man eigentlich schon ein paar Erfahrungen mit dem Verkehr auf der Fahrbahn. Notfalls tut es auch die sogenannte innerfamiliäre Radwegebenutzungspflicht, die auf die Entwicklung des einzelnen Kindes und den einzelnen Radweg bestens abgestimmt werden kann - so die Eltern sich mit dem Thema enthaft befassen wollen. Vielleicht erwarten Straßenverkehrsbehörden eben diese Beschäftigung mit dem Wohlergehen der eigenen Kinder beziehungsweise mit der für viele Eltern ohne eigene langjährige Radfahrpraxis zu komplizierten Materie einfach nicht mehr. Aber deshalb gleich ein Gebot für alle gestützt auf § 45 StVO? Wie wäre es denn mit einem jeweils örtlich angeordneten Autofahrverbot in jeder deutschen Straße? Das wäre doch richtig sicher, oder? Sicherer als die Befolgung der Radwegebenutzungspflicht allemal!

Und es geht noch radikaler, wie das VG Düsseldorf mit Urteil vom 20.11.2003 - 6 K 6183/02 (als pdf-Datei) zeigt. Das Urteil, in dem es um die Sperrung der Einfahrt einer Straße durch Sperrpfosten ging, läßt sich (u.a.) wie folgt zusammenfassen:

§ 45 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO setzt für Beschränkungen des fließenden Verkehrs eine Gefahrenlage voraus, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den voranstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

Die Möglichkeit von Verkehrsunfällen gerade mit Schülern besteht allgemein und führt nicht zur Annahme einer örtlich bedingten besonderen Gefahrensituation.

Werden hier die wahren "Gefährder" von Schulkindern, die selbige auch mal überrollen oder ein paar dutzend Meter durch die Luft werfen, von der Leine gelassen, muß dies doch wohl für uns "nur" schlechte Vorbilder erst Recht gelten.

Einmal losgelöst von diesem - hier entscheidenden Fehler - ist die Heranziehung der ERA 95 und insbesondere der Hinweise 98 in Zweifelsfragen zur Radwegebenutzungspflicht richtig. Nur muß man dann auch die zeitliche Verzögerung vieler dringend erforderlicher Entscheidungen von Behörden, die man nur als "Verhöhnung der Radfahrer" durch Hinhalten auffassen kann, in die Entscheidung einbeziehen - wenigstens aber in die Kostenentscheidung. Vielleicht braucht man dazu einfach schlauere Anträge bei Gericht, mit denen man angesicht der vorgefundenen Radwege nur gewinnen kann (z.B. auf Neubescheidung gerichtet). Denn das Ablaufschema zur Prüfung und Instandsetzung von Radwegen aus den Hinweisen 98 ist gerade in Niedersachsen nirgends komplett abgearbeitet worden. Nicht zuletzt - und das sei auch dem Kläger mitgeteilt - hätte ein kleiner Hinweis auf die "Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen" - Stand 2002 (EFA 2002) den Zeichen 240 ein Ziel gesetzt. Und auch die sind in Zukunft in Zweifelsfällen heranzuziehen und in der Frage gemeinsamer Geh- und Radwege verdammt eindeutig auf Seiten der Radfahrer (oder der Fußgänger - wie man's nimmt). Dann hätte das Gericht korrekterweise wenigstens die gemeinsamen Geh- und Radwege (Zeichen 240 der StVO) aus dem Verkehr gezogen. Denn die haben wegen des hohen Fußgänger- und Radfahreraufkommens gerade vor einer Schule (und darauf weist die Straßenverkehrsbehörde für die betreffenden Straßen selbst hin!) nun überhaupt keine Daseinsberechtigung.

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Rotlicht einer Lichtzeichenanlage für Radfahrer auf einem getrennten Radweg immer verbindlich?

04.12.2003: Diese Frage beantwortet der Beschluss des OLG Hamm vom 04.12.2003 (4Ss OWi 786/03), VRS 107, 135 für einen Spezialfall.

Leitsatz:

"Das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage ist von Radfahrern, die sich auf einem baulich vom Straßenkörper getrennten Radweg befinden, nicht zu beachten, wenn ein Bogenmast einer Lichtzeichenanlage rechts vom Radweg angebracht ist, sich das einzige Lichtsignal mittig über der Fahrspur des Straßenkörpers für den Kraftfahrzeugverkehr befindet, auf dem Radweg keine Haltelinie angebracht und die von rechts einmündende Straße selbst nicht ampelgeregelt ist."

Aus den Gründen:

"Der Senat ist der Auffassung, dass die Regelung durch die Lichtzeichenanlage, soweit Radfahrer auf dem Radweg betroffen sind, so unklar ist, dass sie für Radfahrer nichtig ist. Verkehrszeichen müssen so aufgestellt werden, dass sie sofort und aus sich heraus verständlich sind. Dazu müssen sie deutlich sichtbar und eindeutig sein (vgl Hentschel, StVR, 37. Auflage, § 41 StVO Rdn 246). Sind sie unklar, können sie, nach den Umständen des Einzelfalles, als nichtiger Verwaltungsakt unbeachtlich sein (vgl BayObLG, DAR 2000172 (173); OLG Köln, NZV 1992, 200 (201); OLG Düsseldorf, NZV 1991, 204 (204); KG, NZV 1990, 441 (441)).

Vorliegend ist bei der Prüfung dieser Frage zu beachten, dass das Lichtzeichensignal entgegen den Regelungen in der Verwaltungsverordnung StVO zu den §§ 39 bis 43 tatsächlich nicht rechts des Radweges, sondern weit links und zudem mittig über der Fahrbahn für die Kraftfahrzeuge an einem Bogenmast aufgehängt war. Dieses erweckt schon für sich genommen den Eindruck, es gelte nur für den Kraftfahrzeugverkehr. Zwar dürfen nach der genannten Verwaltungsverordnung in Ausnahmefällen Fahrzeugverkehrssignale, die auch für Radfahrer gelten sollen, auch links des Radweges stehen, wenn Missverständnisse darüber, dass sie auch für Radfahrer gelten, nicht entstehen können und für Radfahrer auf dem Radweg gut einzusehen sind. Gleichzeitig ist aber in der Verordnung auch geregelt, dass in diesen Fällen den Erfordernissen der Eindeutigkeit und Erkennbarkeit insbesondere durch Anbringung einer Haltelinie entsprochen werden kann. Das Bestehen dieser Regelung zeigt deutlich, dass der Verordnungsgeber selbst die Problematik der Eindeutigkeit erkannt und sachgerechte Lösungen aufgezeigt hat. Daran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Insbesondere war eine Haltelinie nicht auf dem Radweg aufgetragen. Da erkennbar auch die von rechts einmündende Friedensstraße keine Ampelregelung aufweist, fehlt es auch insoweit an einer Hinweisfunktion. Auch wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betr. die Verwaltungsvorschrift bekannt war, ist doch allgemein bekannt, dass Verkehrszeichen in der Regel rechts oder beidseitig der Fahrbahn aufgestellt werden müssen. Die konkrete Situation stellte sich für die Betr. in höchstem Maße als unklar dar. Der Wille, dass die Lichtzeichenanlage auch für Radfahrer auf dem Radweg gelten soll, kommt nicht mehr in hinreichendem Maße zum Ausdruck. Die getroffene Regelung ist damit für Radfahrer nichtig."

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OVG Lüneburg bestätigt Urteil des VG Hannover durch Beschluß

05.12.2003: Beschluß des OVG Lüneburg vom 05.12.2003 - 12 LA 467/03, VkBl 2004, 181 und VerkMitt 2004 Nr 46 ("amtlich" von der OVG-Website) gegen den Antrag auf Zulassung der Berufung durch die Gemeinde Stuhr.

Damit wird das gegen eine Radwegbenutzungspflicht gerichtete Urteil des VG Hannover vom 23.07.2003 - 11 A 5004/01 rechtskräftig. Der Beschluß zeigt denn auch eher, wie verbohrt die beklagte Gemeinde Stuhr ist, als daß er irgendetwas Neues zum Thema Benutzungspflicht bringt (das darf man bei einer Entscheidung über die (Nicht-)Zulassung der Berufung wohl auch nicht erwarten).

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Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz III

29.01.2004: lesen Sie zum Urteil des BVerwG vom 29.01.2004 - 3 C 29.03 (NJW 2004, 1815), "Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz" - von der Seite des BVerwG: (htm) und (pdf) die Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 19.02.2004:

"Räder auf Bahnhofsplatz: BVG verwirft Revision

(sp) Lüneburg. Das Abstellen von Rädern auf dem Lüneburger Bahnhofsvorplatz kann nicht verboten werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt die Revision der Stadt gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes abgewiesen.

Ein Radfahrer hatte gegen die Stadt Lüneburg geklagt, die mit Zonen-Halteverbotsschildern und dem Zusatz ,,auch Radfahrer“ das Parken von Rädern auf dem Vorplatz verhindern wollte. Der Kläger hatte sein Rad im August 2001 auf dem Bahnhofsvorplatz abgestellt. Das Rad war von der Stadt abgeschleppt worden. Dagegen klagte er. Das Verwaltungsgericht gab ihm Recht, die Stadt legte Berufung beim OVG ein, ohne Erfolg. Darauf wurde die Revision beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht orientierte sich bei seiner Entscheidung an den Urteilen von OVG und VG: Durch die aufgestellten Zonen-Halteverbotsschilder mit dem Zusatz ,,auch Radfahrer“ könne die Stadt das Abstellen von Rädern auf den Gehwegflächen am Bahnhof nicht rechtswirksam untersagen. Das Halteverbot beziehe sich nur auf Fahrbahnen im Bahnhofsquartier, nicht aber auf Gehwege und den Vorplatz. Ein Halteverbot für Fahrräder auf Gehwegflächen kenne die Straßenverkehrsordnung nicht. Somit habe der Kläger auch nicht gegen ,,gesetzliche Vorschriften verstoßen“, als er sein Rad dort abgestellt habe. Die Stadt hatte in der Vergangenheit mehrmals Räder auf dem Bahnhofsvorplatz abgeschleppt.

Fachbereichsleiterin Andrea Schröder-Ehlers: ,,Der Rechtsweg ist ausgeschöpft, wir werden die Schilder abbauen. Allerdings haben wir im Laufe des Verfahren aus vielen Städten gehört, dass sie ähnliche Probleme haben. Ich glaube, dass der Gesetzgeber hier eine Regelung finden muss, damit Städte, die einen hohen Anteil an Radverkehr haben, was wir ausdrücklich wünschen und fördern, aber an Brennpunkten wie zum Beispiel Bahnhöfen auch regelnd eingreifen können.“

Oberbürgermeister Ulrich Mädge tagte Donnerstag als Präsident des Niedersächsischen Städtetages mit seinem Präsidium in Lüneburg: ,,Wir können mit diesem Urteil nicht zufrieden sein, denn die Probleme sind für alle sichtbar, und viele Bürger regen sich darüber auf. Denn wir haben viel Geld in die Förderung des Radverkehrs in Lüneburg investiert, gerade am Bahnhof mit dem Vorzeigeprojekt Radspeicher. Da kann es nicht das Ergebnis sein, dass der für viel Geld umgestaltete Bahnhofsvorplatz nicht für unsere Gäste und für Reisende da ist, sondern zum zweiten Rad-Parkplatz degradiert wird. Wir werden das Thema über den Städtetag weiter verfolgen mit dem Ziel, eine Regelung zu finden.“ "

Bloß gut, daß es im Verwaltungsgerichtszweig nur drei Instanzen gibt. Dieser Fall drohte nun wirklich langweilig zu werden. Jetzt aber will es der OB Mägde wirklich wissen (vgl.
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 09.03.2004: Rad-Urteil: Mädge macht Druck auf Gesetzgeber,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 16.04.2004: Räder am Bahnhof: Hirche für Gesetzesregelung,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 27.05.2004: Räder am Bahnhof: Auch Städtetag will Verbot,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 14.12.2004: Verkehrsversuch fürs Abstellen von Rädern,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 26.01.2005: Verkehrsversuch für Räder am Bahnhof startet,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 01.02.2005: Verkehrsversuch: Schilder am Bahnhof aufgestellt,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 28.02.2005: Klage: Verkehrsversuch am Bahnhof,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 17.03.2005: Weniger Räder auf Bahnhofsvorplatz,
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 31.03.2005: „Fahrrad-Parkverbot“ am Bahnhof bleibt vorerst,
Pressemitteilung des VG Lüneburg vom 31.03.2005: VG: „Fahrradparkverbot“ auf dem Bahnhofsvorplatz Lüneburg bleibt vorerst bestehen).

Niemand soll ein Fahrrad auf den Lüneburger Bahnhofsvorplatz stellen, wenn auch alle Gerichte gegen ihn und seine rechtschaffenen Bürger sind. Vorsicht, Herr Mägde - passen Sie auf, daß demnächst nicht ausschließlich das zweite Jura-Staatsexamen zur Teilnahme am Verkehr berechtigt. Und: Schilder hat Deutschland eh zuviele - finden Sie das ästhetisch?

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Radfahrer und Fußgänger auf gemeinsamen Geh- und Radwegen und für Radfahrer freigegebenen Gehwegen

09.03.2004: Beschluß des OLG Oldenburg vom 09.03.2004 - 8 U 19/04: "Zu den Sorgfaltspflichten von Radfahrern gegenüber Fußgängern auf kombinierten Fuß- und Radwegen, sowie auf durch Zusatzschild für Radfahrer freigegebenen Gehwegen. "

Es könnte ein Beschluß für mehr Rücksicht auf Fußgänger sein. Am Ende ist es aber wieder einmal ein rohes Einprügeln der dritten Gewalt auf die von Behörden durch falsche Beschilderung fehlgeleiteten Radfahrer. Die folgende Textstelle ist eine gelungene Einleitung:

"Auf einem Sonderweg, der eine Mischung des Radverkehrs mit den Fußgängern auf einer gemeinsamen Verkehrsfläche bewirkt, haben Radfahrer auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen (vgl. OLG Köln VersR 2002, 1040; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 41 StVO RdNr. 83 ff). Das kommt auch darin zum Ausdruck, dass kombinierte Fuß und Radwege, die eine Benutzungspflicht für Radfahrer zur Folge haben, nur dann angelegt werden sollen, wenn dies nach den Belangen der Fußgänger, insbesondere der älteren Verkehrsteilnehmer und der Kinder, im Hinblick auf die Verkehrssicherheit vertretbar erscheint (vgl. die Verwaltungsvorschrift zu den Zeichen 240 und 241 gemeinsamer bzw. getrennter Fuss und Gehweg). Radfahrer haben demnach die Belange der Fußgänger auf solchen Wegen besonders zu berücksichtigen. Selbstverständlich haben auch Fußgänger auf Radfahrer Rücksicht zu nehmen und diesen die Möglichkeit zum Passieren zu geben; den Radfahrer treffen aber in erhöhtem Maße Sorgfaltspflichten. ..."

Hier ist - wenn auch nicht ganz so stark, wie in manch' anderen Urteilen - zu erkennen, daß die Zivilrichter die Verwaltungsvorschrift für die Verwaltungspraxis zu halten scheinen. Sie wissen es aber eigentlich besser:

"... Die Zeugin war sich sicher, dass der Unfall sich nicht derart ereignet hat, dass der Beklagte der Klägerin in das Fahrrad gelaufen ist. Vielmehr ist der Beklagte, ein zum Unfallzeitpunkt 67 Jahre alter Rentner, in einem gewissen Abstand vor den herannahenden Radfahrerinnen vom rechten zum linken Rand des an der Unfallstelle nur eine geringe Breite aufweisenden Fuß und Radweges gewechselt, um die Fahrbahn zu überqueren. Auch wenn die Zeugin auf Nachfrage angegeben hat, dass alles sehr schnell gegangen sei, so war für sie doch eindeutig, dass die Klägerin zwar nicht links, wohl aber rechts an dem Beklagten hätte vorbeifahren können. Das Landgericht hat deshalb zutreffend darauf abgestellt, dass auch der langsamer als die Zeugin Z... fahrenden Klägerin – insbesondere bei Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit - genügend Zeit für eine Reaktion auf den vor ihr den Fuß und Radweg überquerenden Beklagten zur Verfügung gestanden hat."

Was will uns das wohl sagen? Doch wohl nur, daß wie in so vielen anderen Fällen in Niedersachsen die Straßenverkehrbehörde auf die Anklagebank und auf Nimmerwiedersehen bei Wasser und Asphalt weggesteckt gehörte, falls dort tatsächlich ein Zeichen 240 gestanden haben sollte (und das ist mehr als wahrscheinlich). Aber genau das wird garantiert nie passieren.

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Unfall auf schlechtem Radweg

05.05.2004: das Urteil des OLG Bremen vom 05.05.2004 - 1 U 16/04a (rkr.), OLG Report 2004 , Nr. 17 , S. 428:
"Warnung des Verkehrssicherungspflichtigen vor schlechtem Straßenzustand; leichtfertiges Verhalten des Radfahrers"
enthält folgende beiden interessanten Absätze:

"Insoweit lässt der Senat offen, ob die Beklagte die sie treffende öffentlich-rechtliche Verkehrssicherungspflicht (§ 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 11, 9 BremLStr) dadurch verletzt hat, dass sie die Schäden am Radweg der Parkallee (trichterförmige Mulde mit einer Ausdehnung von etwa vier Steinreihen bei einer maximalen Vertiefung von etwa 5 cm, wobei im mittleren Radwegbereich zwischen zwei Pflastersteinen keine Füllung vorhanden war, so dass sich ein Absatz entsprechend der halben Steinhöhe gebildet hatte und am rechten Radwegrand ein Stein fehlte, vgl. schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. O. nicht vor dem Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin am 8.7.2002 beseitigte, sondern sich darauf beschränkte, etwa 200 Meter vor der Unfallstelle das Gefahrenzeichen Nr. 101 des § 40 Abs. 6 StVO mit dem Zusatzschild "Schäden im Rad- und Gehweg" anzubringen.

Diesbezüglich merkt der Senat lediglich an, dass entgegen der Auffassung der Beklagten die Warnung vor von dem Straßenzustand ausgehenden Gefahren grundsätzlich nicht deren unverzügliche Beseitigung durch den Verkehrssicherungspflichtigen ersetzt, es sei denn, dem Pflichtigen ist die alsbaldige Beseitigung des gefährlichen Zustandes aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich (BGH VersR 1968, 1090 [1091]; Schwerdt in Wussow, Unfallhaftpflichtrecht, 15. Aufl. 2002, Kap. 13 Rz. 91, 95, m.w.N.; Hager in Staudinger, BGB, 13. Aufl. 1999, § 823 BGB Rz. E 118, m.w.N.)."

Danach wird ausgeführt, was die Radlerin alles falsch gemacht hat und deshalb (als Verletzte) leer ausging. So war z.B. der Schnellspanner am Vorderrad ihres Rades nicht "ordnungsgemäß" festgezogen.

Trotzdem genießen wir jetzt mal, was eine Gemeinde nicht darf: nichts tun. So etwas steht natürlich auch schon in der VwV-StVO zu § 2:

"Ist aus Verkehrssicherheitsgründen die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht mit den Zeichen 237, 240 oder 241 erforderlich, so ist sie, wenn nachfolgende Voraussetzungen erfüllt sind, vorzunehmen. Voraussetzung für die Kennzeichnung ist, daß ... die Verkehrsfläche nach den allgemeinen Regeln der Baukunst und Technik in einem den Erfordernissen des Radverkehrs genügendem Zustand gebaut und unterhalten wird und ..."

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Anordnungen von Tempo 30-Zonen ab 2001 (und Aufhebung der Benutzungspflicht als Nebenbestimmung)

19.05.2004: lesen Sie dazu das Urteil des VG Oldenburg vom 19.05.2004 - 7 A 1055/03, Verkehrsdienst (VD) 2004, 253:
"Anordnung einer Tempo-30-Zone"

Leitsätze des Gerichts

"Der Verordnungsgeber wollte mit der Einführung des § 45 Abs. 1 c StVO durch die 33. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2000 die Möglichkeit, Tempo-30-Zonen anzuordnen, wesentlich erleichtern und hat die hierfür erforderlichen Voraussetzungen weitgehend in der Vorschrift selbst bestimmt.

Für die Anordnung einer Tempo-30-Zone bedarf es eines verkehrsrechtlich anzuerkennenden Zwecks. § 45 Abs. 1 c StVO enthält insoweit Regelbeispiele, bei deren Vorliegen die Straßenverkehrsbehörde grundsätzlich ohne weitere Nachprüfung im Einzelfall von einer hinreichenden Gefahrenlage ausgehen darf.

§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO ist bei der Anordnung von Tempo-30-Zonen nicht anwendbar.

Für die Anordnung einer Tempo-30-Zone bedarf es keiner gesonderten Feststellung eines sog. Zonenbewusstseins mehr. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 1994 ( - 11 C 25.93 - BVerwGE 90, 214, 217 ff.) ist durch § 45 Abs. 1 c StVO überholt.

Die Ermessensentscheidung bei der Anordnung einer Tempo-30-Zone unterliegt nur insoweit gerichtlicher Kontrolle als die rechtfehlerfreie Abwägung der Belange des Betroffenen mit den Interessen der Allgemeinheit verlangt werden kann."

Ende Leitsätze

Ganz nebenbei zeigt das Urteil auch noch, daß es wichtig ist, eventuell bestehende Radwegebenutzungspflichten bei der Einrichtung einer Tempo 30-Zone aufzuheben (was im vorliegenden Fall sogar geschah - nur standen die Schilder noch).

Urteil im PDF-Format von dieser Seite.

Das Urteil wurde vom OVG Lüneburg mit Urteil vom 18.07.2006 - 12 LC 270/04 bestätigt
(Pressemitteilung des OVG Lüneburg vom 25.07.2006 im PDF-Format von dieser Seite und
Urteil des OVG Lüneburg vom 18.07.2006 - 12 LC 270/04).

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Sturz auf schlechtem Radweg? - Selber schuld!

... sagt lt. Pressemitteilung Nr. 03/05 des Deutschen Anwaltsvereins vom 28.01.2005 (hier von "Kostenlose-Urteile.de) das LG Rostock mit Urteil vom 25.08.2004 - 4 O 139/04.

Fazit: gegen schlechte Radwege hilft nix, solange alle darauf fahren - selbst, wenn die Nutzer auf die Schnauze fallen. Also volle Breitseite aus allen Rohren in die Benutzungspflichten, bis die Kanonen glühen.

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Fahrradrikschas genehmigungsfrei

11.10.2004: nachdem das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) den Betrieb von Fahrradrikschas/ Velotaxen/ Fahrradtaxen mit ein paar Empfehlungen an die Straßenverkehrsbehörden ("Empfehlungen für die Entscheidung über Anträge auf Zulassung des Betriebes von Fahrradtaxen", VkBl. 2003, 429) zum Gegenstand von Ausnahmegenehmigungen i.S. des § 46 StVO erklärte, geht die Polizei offenbar vermehrt gegen die Velotaxifahrer vor, die keine Ausnahmegenehmigung vorweisen können (zur Hamburger Situation siehe die Pressemitteilung der Behörde für Inneres vom 22.04.2003: Grünes Licht für Velo-Taxen). Mit diesem Unsinn macht das OLG Dresden in Sachsen (und wahrscheinlich auch Deutschlandweit) endgültig Schluß, und folgt darin Dr. Dietmar Kettlers Aufsatz "Fahrradtaxen", NZV 2004, 61 (auf jeden Fall im Ergebnis) weitgehend. Einen Gewerbeschein braucht man aber schon noch. Mehr aber wohl nicht.

Lesen Sie selbst:

Beschluß des OLG Dresden vom 11.10.2004 Ss (OWi) 460/04:

Fundstellen:

"Leitsatz:

§ 21 Abs. 3 StVO kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass hierunter auch eine dreirädrige, mehrspurige und durch Muskelkraft angetriebene Fahrradrikscha fällt."

Das Urteil zeigt nebenher auch noch auf, daß es bezüglich der Fahrradrikscha und anderer Dreiräder keine Begründung für die Radwegbenuztunspflicht gibt. Da werden aber einige Ministeriale Bauklötze staunen.

Link auf den Beschluß von der Seite des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz.

 

Übigens wurden die "Empfehlungen für die Entscheidung über Anträge auf Zulassung des Betriebes von Fahrradtaxen", VkBl. 2003, 429 noch im November 2003 in einer der Velotaxi GmbH wohlgesonnenen Studie sogar gefeiert:

"Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen: Durch zahlreiche Gespräche konnte eine Empfehlung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen im Einvernehmen mit allen obersten Straßenverkehrsbehörden (VkBl. 2003, 429) erreicht werden, wonach die unteren Straßenverkehrsbehörden mittlerweile faktisch zum Erlass von Ausnahmegenehmigungen gezwungen sind. Velotaxi verfügt damit in Deutschland über eine solide und berechenbare Rechtsgrundlage für den Einsatz der Fahrzeuge."

(Dr. Klaus Fichter, Endbericht zum Praxisprojekt VELOTAXI,
"Marktentwicklung und Serviceinnovationen für umweltschonende Mobilitätsdienstleistungen", Berlin 2003,
Kapitel 4.4: "Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen"; und Kapitel 5.2: "Erfolge und Dauerhaftigkeit des Projektes").

Was mal wieder zeigt, daß sich gerade die intelligentesten Menschen mit viel Aufwand die schönsten goldenen Käfige basteln, wo sich tatkräftigere Zeitgenossen einfach auf Rad setzen und damit durchsetzen.

Immerhin findet die verkopfte Bande das Urteil nun wenigstens auch gut.

"Es erscheint jedenfalls als unzulässig, verkehrsrechtliche und gewerberechtliche Aspekte miteinander zu vermischen und auf diese Weise (über Bedingungen und Auflagen einer Ausnahmegenehmigung) rechtliche Hürden für Betreiber von Fahrradtaxen zu schaffen, die vom Gesetzgeber so nicht vorgesehen sind. Der Beschluss des OLG Dresden hat hier jedenfalls zu einer ersten sehr zu begrüßenden Klärung der Rechte von Betreibern von Fahrradtaxen geführt.",

schreibt Braun, Justiziar der Velotaxi GmbH Berlin, in seiner Urteilsbesprechnung (NJW 2005, 396). Na also, geht doch - wenn es auch ein wenig wie bei Kettler, NZV 2004, 61 abgeschrieben wirkt. Meine Forderung: "Jetzt macht der Behörde für Inneres in Hamburg mal so richtig Feuer unter'm ..."

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Planfeststellungen und ihr Verwirrungspotential

02.11.2004: man kann - mit Billigung der Verwaltungsgerichte - schon recht lustige Sachen planfestellen - z.B. einen weniger als 2,50 Meter breiten Geh- und Radweg oder einen Kreisel, in dem Radfahrer auf der Fahrbahn mitfahren, obwohl dort Schwerlastverkehr erwartet wird. Und das Beste: das steht dann auch noch in einem Urteil (Urteil des VGH Mannheim vom 02.11.2004 - 5 S 1063/04, NJOZ 2005, 483).

Und hier ein Auszug aus den Gründen:

"cc) Die Planung leidet auch hinsichtlich des Belangs der Verkehrssicherheit nicht zu Lasten der Kl. an einem beachtlichen Abwägungsmangel.

Soweit die Kl. in diesem Zusammenhang rügt, dass der gemeinsame Geh- und Radweg beiderseits des H-Wegs in Kirchheim nicht den nach der VwV-StVO zu § 2 erforderlichen Mindestquerschnitt von 2,50 m aufweise, was zu Gefährdungen für die Fußgänger führe, ist darauf hinzuweisen, dass die Polizeidirektion Heidelberg mit Schreiben vom 12. 9. 2003 „aus verkehrspolizeilicher Sicht“ gleichwohl - ausnahmsweise - zugestimmt hat, weil in dem betreffenden Abschnitt des H-Wegs nur ein geringes Aufkommen an Fußgänger- und Radfahrverkehr herrsche. Dem hat sich das Verkehrsreferat der Stadt Heidelberg mit Schreiben vom 16. 9. 2003 angeschlossen. Es ist daher unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde im Planfeststellungsbeschluss unter B Nr. 4.3.5 (Sicherheitsaspekte) für die planfestgestellte Lösung eines gemeinsamen Verkehrs von Fußgängern und Radfahrern auf dem nicht ganz 2,50 m breiten Gehweg entschieden hat.

Gleiches gilt für den Wegfall des ursprünglich, d.h. in den Plänen der zweiten Offenlegung noch vorgesehenen Radwegs am Verkehrskreisel H-Straße/C-Straße mit der Folge, dass Radfahrer die Fahrbahn - auf der auch Schwerverkehr fährt - mitbenutzen müssen. Dies ist Folge der Verschiebung des Kreisverkehrsplatzes nach Süden um ca. 1 m, wodurch der erforderliche Grunderwerb von der Firma A + H von 303 qm (um 70 qm) auf 233 qm reduziert werden konnte.

Selbst wenn unter den beiden angesprochenen Aspekten die planfestgestellte Lösung mit Blick auf die Verkehrssicherheit abwägungsfehlerhaft wäre, beschränkte sich der Planungsmangel räumlich auf diese Bereiche. Die erfolgten Umplanungen zeigen gerade, dass es sich um Problemlösungen „an Ort und Stelle“ handelt. Es ist nicht ersichtlich, dass bei Korrektur eines insoweit jeweils anzunehmenden Planungsmangels das Grundstück Flst. Nr. 6684 der Kl. nicht oder jedenfalls vermindert in Anspruch genommen würde. Ein Planungsmangel wäre also nicht kausal für die Inanspruchnahme des Grundeigentums der Kl., da er nicht auf die Planung in ihrer Gesamtheit ausstrahlte."

Bei verkehrsrechtlichen Verhandlungen kann man das kaum verwenden.

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Fahrradparkverbot und Abschleppen auf dem Bahnhofsvorplatz IV

25.01.2005: fast genau ein Jahr nach dem Urteil des BVerwG vom 29.01.2004 - 3 C 29.03 zum Fahhradparken auf dem Bahnhofsvorplatz Lüneburg hat es die nächste Stadt getroffen. Wer nicht lesen will, muß sich selber lächerlich machen. Schade nur um die schöne Zeit der Richter. Lesen Sie nun das Urteil des VG Braunschweig vom 25.01.2005 - 5 A 216/03: "Abstellen von Fahrrädern auf einem Bahnhofsvorplatz" - aus der Entscheidungsdatenbank des OVG Lüneburg. Wie man hört, reitet aber auch Lüneburg schon wieder mit neuem Schwung gegen die Windmühlenräder der deutschen Justiz. Es wird also in Kürze weitere lustige Urteile geben.

Leitsätze

  1. Zum Feststellungsinteresse
  2. Der StVO lässt sich kein generelles Verbot des Abstellens von Fahrrädern auf Gehwegen entnehmen.
  3. Durch die Verkehrszeichen Nr. 239 "Fußgänger" und Nr. 242 "Fußgängerbereich" wird kein Verbot für das Abstellen von Fahrrädern begründet.

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Selbst bei außerordentlicher Veränderung der Sachlage keine neue Widerspruchsfrist gegen Zeichen 237

Baustellenbeschilderung St.Pauli Fischmarkt für Radfahrer
Verwaltungsgericht Hamburg lehnt Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab

Mit Beschluß vom 06.04.2005 (Az. 21 E 878/05) hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, einstweiligen Rechtsschutz gegen die Beschilderung für Radfahrer im Umfeld der o.g. Baustelle zu gewähren (Beschluß siehe:

http://www.radwegmecker.frank-bokelmann.de/VGHamburg21E878-05.pdf ).

Die 21. Kammer argumentiert dabei sinngemäß wie folgt:

Die Begründung kann insoweit zutreffend sein. Andere Gerichte haben dies zwar schon weniger streng gesehen. Allerdings ebneten ihnen in der Regel die Verkehrsbehörden dadurch den Weg zur Sachentscheidung, daß sie die Verfristung nicht rügten und einfach Stellungnahmen zur Sache abgaben. Hamburger Radfahrer können mit diesem Entgegenkommen ihrer Straßenverkehrsbehörde, der Polizei, offenbar nicht rechnen. Nützen wird dies der Polizei wenig. Es wird ihr nur Zusatzarbeit bereiten und die Bürokratie aufblähen. So hat der Antragsteller den fehlenden Antrag unter dem Datum des 10.04.2005 - mit Erfolg - nachgereicht.

Eine weitere - überraschende - Aussage des Gerichtes muß dabei allerdings beachtet werden. Das Gericht bezweifelt das Rechtsschutzbedürfnis für ein Eilverfahren, wenn der Antragsteller nach seiner Auffassung die Verfolgung der von ihm eingeräumten Verstöße gegen die umstrittene Benutzungspflicht ohnehin nicht erwarte. Er darf sich erst dann wieder mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht wenden, wenn die Polizei sein Verhalten tatsächlich zu beanstanden droht. Da kann er in Hamburg vermutlich lange warten - auch wenn er es nicht schriftlich haben sollte. Hier werden viele Schilder aufgestellt, deren Befolgung nicht erst seit Schill freiwillig zu sein scheint. Und dabei handelt es sich nicht nur Parkverbote und Tempolimits.

Weitere Informationen, Fotos und Texte finden Sie unter:

http://www.radwegmecker.frank-bokelmann.de/BreiteStr-StPauliFischmarkt.htm

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Eine Radwegebenutzungspflicht in Mannheim aufgehoben - eine andere nicht

VG Karlsruhe, Urteil vom 14.04.2005 - 11 K 3908/04

... auf die mündliche Verhandlung vom 14. April 2005 für Recht erkannt:

  1. Die Anordnung einer Radwegbenutzungspflicht in beiden Richtungen in der Max-Josef-Straße zwischen der Carl-Benz-Straße und der August-Kuhn-Straße vom 19.11.2002 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 10.11.2004 werden aufgehoben, soweit die Radwegbenutzungsoflicht die Gegenrichtung (von der August-Kuhn-Straße in Richtung Carl-Benz-Straße) betrifft.

Quelle: Erika Ciesla, Mannheim am 29.04.2005 auf drf. Das Urteil ist rechtskräftig. Zu den Folgen des Urteils siehen Sie auch auf die Seite der Klägerin.

VG Karlsruhe, Urteil vom 14.04.2005 - 11 K 4036/04

Im Parallelverfahren sind die Richter mit ihren grundsätzlich richtigen Maßstäben zum gegenteiligen Schluß gekommen zu sein - wie die Klägerin meint, nur deshalb, weil sie nicht mitbekommen haben, daß die Benutzungspflicht für Abschnitte mit angeordneter Höchstgeschwindigkeit 30 km/h angeordnet wurden, wo sie überflüssig ist. Die Berufung gegen dieses Urteil wurde zugelassen. Zum Fortgang auf sehen Sie auch auf die Seite der Klägerin.

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Eine Radwegebenutzungspflicht in Lachendorf aufgehoben -
eine Radwegbenutzungspflicht in Celle noch nicht aufgehoben

VG Lüneburg, Urteil vom 19.10.2005 - 5 A 121/04

Mit diesem Urteil fallen die nahezu letzten Benutzungspflichten in Lachendorf. Die Begründung stützt sich im Wesentlichen auf das Urteil des Schleswig-Holsteinischen VG vom 23.09.2003 - 3 A 275/02 (zur Benutzungspflicht bei geringer Verkehrsbelastung auf der Fahrbahn) und ist schlüssig. Das Urteil ist rechtskräftig. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Verfahren siehe die Seite des Klägers.

VG Lüneburg, Urteil vom 19.10.2005 - 5 A 85/05

Im Parallelverfahren hat der Richter ausweislich der Begründung die einschlägige VwV-StVO zu Zeichen 240 schlicht übersehen, obwohl die Klagebegründung insoweit eindeutig war. Und obwohl er die Werke der FGSV als anerkannte fachliche Regelwerke bezeichnet, wendet er sich auch nicht den Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen - Stand 2002 - (EFA 2002) aus diesem Hause zu, obwohl diese die durch Z 240 verursachten Probleme und Lösungsansätze sehr viel detaillierter als die 7 Jahre älteren - und vom Gericht ebenfalls nicht zu diesem Problem befragten - Empfehlungen für Radverkehrsanlagen - Stand 1995 - (ERA 95) behandeln. Die EFA 2002 ergänzt die insoweit nicht abschließende VwV-StVO zu Zeichen 240 und ist deshalb bei der Entscheidung über ein Zeichen 240 zu beachten. Da machte es sich der Richter zu einfach. Noch ein paar Fehler zusätzlich und schon liegt DAS klassische Fehlurteil vor. Die Zulassung der Berufung wurde beantragt (Az. 12 LA 498/05). Da das VG sich die Widerspruchsentscheidung der Beklagten zu eigen gemacht hat, lesen Sie bitte ergäzend die Seite des Klägers, insbesondere aber die Widerspruchsentscheidung.

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Schüler müssen mehr Radfahren - u.U. auch auf zu schmalen Radwegen

03.11.2005: wenn niedersächsische Schüler mit dem Bus zur Schule fahren wollen, müssen sie bzw. ihre Eltern in vielen Landkreisen das selbst zahlen, sofern sie in einem nach dem Schuljahrgang gestaffelten Umkreis um die Schule wohnen. Dieser Umkreis kann bei älteren Schülern so groß sein, daß sie den Schulweg nur mit dem Fahrrad kostengünstig bewältigen können. Ausnahmen gibt es da nur bei besonders gefährlichen Schulwegen. Inzwischen befassen sich Urteile verschiedener niedersächsischer VG (oft VG Braunschweig) mit der oftmals sehr harten Auslegung der auf den § 114 des Niedersächsischen Schulgesetzes gestützten Satzungen über die Schülerbeförderung (z.B. Urteil des OVG Lüneburg vom 19.06.1996 - 13 L 5072/94

Das Urteil des VG Stade vom 03.11.2005 - 6 A 191/05 verneint einen gefährlichen Schulweg auch dann, wenn der vorhandene Radweg längs der Landesstraße mit 1,70 Meter Breite die Mindestmaße gem. VwV-StVO nicht erreichen sollte und - nach Angaben der Klägerin - im Winter auch nicht geräumt wird.

Ein Tip für alle Eltern: bestehen Sie darauf, daß die Radwege im Winter zeitnah geräumt werden (das ist unzweifelhaft notwendig, wenn der Landkreis selbst für regen Verkehr auf dem Radweg sorgt), setzen Sie Ihr Kind auf ein verkehrstaugliches Fahrrad, kleiden Sie es zweckmäßig und üben Sie das Verhalten an Gefahrenstellen (insbesondere Einmündungen und Kreuzungen). Mehr kann man wohl z.Zt. nicht tun. Aber in vielen Fällen dürfte das schon genügen.

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Radwegebenutzungspflicht für die "Ordnung des Verkehrs"

28.11.2005: das Urteil des VG Regensburg vom 28.11.2005 - RO 5 K 03.2192 ist ein richtiges Skandal-Urteil. Da wird nicht mal die Erforderlichkeit der Benutzungspflicht geprüft, sondern einfach vorausgesetzt nach dem Motto: "Wäre denn sonst dort ein Radweg gebaut worden?" Das wird so recht deutlich, wenn man sich die Widerspruchsentscheidung der Beklagten ansieht, die das Gericht sich zu eigen gemacht hat (siehe: die Seite der Klägers, insbesondere aber die Widerspruchsentscheidung). Ein weiterer Fall für ein Berufungsverfahren, da die Richter der Verwaltungsgerichts weder den § 45 Abs. 1c StVO noch den § 45 Abs. 9 StVO, noch die VwV-StVO, noch die ERA 95 begriffen haben.

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Fahrrad-Kurzparkzone auf dem Bahnhofsvorplatz

14.12.2005: auch den zweiten Versuch der Stadt Lüneburg, das "wilde" Parken von Fahrrädern zu verhindern, hat das VG Lüneburg für rechtswidrig erklärt (Urteil vom 14.12.2005 - 5 A 51/05), obwohl jetzt immerhin das Kurzparken zum Brötchenholen erlaubt bleiben sollte.

Zur Erinnerung: das Land Niedersachsen hatte extra einen Modellversuch gestartet, um gemeinsam mit der Stadt Lüneburg geltendes Recht und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.01.2004 - 3 C 29.03 zu umgehen, mit dem ein früheres absolutes Parkverbot auf Gehwegen vor dem Bahnhof vom Platz gewischt wurde. Das Bundesverkehrsministerium und die Mehrheit der Länder hatten sich trotz dieser ersten juristischen Niederlage gegen eine von der Stadt Lüneburg geforderte Änderung der StVO ausgesprochen. Das Urteil wird vermutlich von der Beklagten (der Stadt Lüneburg) ohne Rechtsmittel akzeptiert.

Dazu:

Pressemitteilung des VG Lüneburg vom 14.12.2005: "Fahrradparkverbot" auf dem Bahnhofsvorplatz Lüneburg rechtswidrig
Pressemitteilung der Stadt Lüneburg vom 14.12.2005: Gerichts-Urteil: Lüneburg beendet Verkehrsversuch

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Gehwegebenutzungspflicht für Radfahrer im Stuttgarter Flughafentunnel

20.01.2006: das Urteil des VG Stuttgart vom 20.01.2006 - 10 K 3536/03 ist so kurios, wie die Überschrift verheißt (Link zur Pressemitteilung des Gerichts vom 27.02.2006: Klage gegen die Sperrung des Flughafentunnels für Radfahrer abgewiesen - die Urteilsgründe liegen nun vor). Unglaublich aber wahr: weil es für ein Zeichen 240 auch ohne VwV-StVO nicht gereicht hätte - zumal bei Radverkehr in beiden Richtungen auf einer gemeinsamen Fläche -, wurde einfach Zeichen 254 "Verbot für Radfahrer" an die Fahrbahn gestellt und Z 239 - "Radfahrer frei" an den auf fast 400 Meter Länge 1,10 Meter breiten Gehweg. Diese Zeichen wurden erst im Jahr 2002 aufgestellt (zum Hick-Hack um diesen "Radweg" siehe Stellungnahme des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Sttugart vom 24.10.2002 zu einem Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen im Gemeinderat). Nun ist ein Tunnel sicher nicht mit einer normalen Straße vergleichbar, aber das ist zu eng, zumal der Gehweg zwischen einer Wand und einem 1,20 Meter hohen Geländer verläuft. Auch die Fahrbahn ist - gemessen am Verkehrsaufkommen (21.000 Kfz/24 h) mit 6 Metern Breite recht eng. Das muß aber kein Problem sein und kommt öfter vor. Für Radverkehr langt das aber allemal. Angeblich, um den Radverkehr zu schützen, wurde dieses Urteil gefällt und reiht sich in neuere Skandal-Urteile ein, mit denen den Gewaltätern im Autoblech die "Beute" Fahrbahn gesichert wird.

Ein weiterer Fall für ein Berufungsverfahren, da die Richter der Verwaltungsgerichts weder den § 45 Abs. 9 StVO noch die VwV-StVO begriffen haben?

Erstaunlich ist dabei, daß der Kläger überhaupt klagen mußte. Die Freigabe der Fahrbahn hätte er in diesem Einzelfall sicherer, einfacher und vor allem innerhalb von zwei Wochen haben können. Er hätte das Fahrrad doch auch schieben können - vorschriftsgemäß auf der Fahrbahn (§ 25 Abs. 2 StVO):

"Fußgänger, die Fahrzeuge oder sperrige Gegenstände mitführen, müssen die Fahrbahn benutzen, wenn sie auf dem Gehweg oder auf dem Seitenstreifen die anderen Fußgänger erheblich behindern würden. Benutzen Fußgänger, die Fahrzeuge mitführen, die Fahrbahn, so müssen sie am rechten Fahrbahnrand gehen; vor dem Abbiegen nach links dürfen sie sich nicht links einordnen.").

Aus Sicherheitsgründen würde er dabei das Fahrrad aber links führen. Und würden sich nette Polizisten finden, die ihn mit dem Fahrrad abholen, könnte er das nächste Mal 60 kg Sand im Anhänger mit durchschieben (entweder in Säcken im verriegelten Anhänger oder lose). Der schwere Anhänger würde Polizistenhilfe vereiteln, die Fahrbahnnutzung endgütig legalisieren und beim Linksschieben den ganzen Fahrstreifen dicht machen. Das ein, zwei Wochen lang an einer Hauptschlager der Städte Stuttgart und insbesondere Filderstadt ("Filderstädter Schleichwochen") - und das Z 254 wäre erledigt. Denn ein Verbot für Fußgänger mit hinderlichen Gegenständen und Fahrzeugen separat nur für die Fahrbahn wäre nicht zulässig, d.h. man müßte den Tunnel ganz für den Fußgängerverkehr sperren - was wohl auch nicht zulässig sein dürfte, nachdem man sich im Planfeststellungsverfahren im Jahr 1987 geizig für die Lösung mit einer engen Röhre entschied. Also müßte man Radfahren auf der Fahrbahn wieder erlauben, um den Verkehrsinfarkt im Tunnel zu vermeiden. Denn der Schieber muß sich ja nicht besonders beeilen und könnte auch mal was zu Hause vergessen, was ihm erst klar würde, wenn er den Tunnel passiert hat (also hin-zurück-hin). Man kann es mit mehreren Radfahrern machen, um die Wirkung zu erhöhen. Und man kann das Fernsehen einladen. Und man kann es sogar nach Rechtskraft dieses Urteils machen. Dann wäre zwar das Gericht bis auf die Knochen blamiert. Aber darauf Rücksicht nehmen? - Nee!

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Widerspruchsfrist versäumt - kostet Geld aber nicht den Erfolg der Klage

01.02.2006: im Urteil des Bayerischen VG Müchen vom 01.02.2006 - M 23 K 05.1174 (nv) geht es zunächst (wieder mal) um die Widerspruchsfrist. Deren Versäumung kostet den Kläger einfach nur Geld, weil er in der Sache mit seinem hilfsweise gestellten Bescheidungsantrag im Ergebnis Erfolg hat. In dieser Erfolg dürfte das Schild am Ende vom Mast brechen.

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Radweg in der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße (Planungsrecht)

24.05.2006: in dem Urteil des OVG Lüneburg vom 24.05.2006 - 7 KS 198/03 geht es dem Leitsatz nach nur um die Klagebefugnis einer Gemeinde gegen die Entscheidung einer (damaligen) niedersächsischen Bezirksregierung, anstelle eines Radweges (gemeint vermutlich ein gemeinsamer Geh- und Radweg, wie er überall den Radverkehr abwürgt) einen Radfahrstreifen an der Fahrbahn anzulegen. Dies wird verneint, da die Planung eines beidseitigen Radfahrstreifens im Verlauf der Ortsdurchfahrt einer Bundesstraße nicht geeignet sei, das durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützte Recht der Gemeinde zu beschneiden, Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln.

Tatsächlich hat das Gericht gut urteilen, da die Gemeinde völlig unabhängig von der Frage der Klagebefugnis ihre Einwendungen zu spät eingereicht und z.T. erst in das Klageverfahren eingebracht hat - ein unverzeihlicher Fehler im besonders scharf ausgestalteten Planfeststellungsverfahren (Stichwort Präklusion).

Aber weil es so schön ist, macht das Gericht dann auch noch Ausführungen zur Sache (was es eigentlich nicht müßte):

"Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass selbst unter dem von der Klägerin geltend gemachten Gesichtpunkt der Sicherheit des Radverkehrs die Planung nicht zu beanstanden gewesen wäre."

Daraus kann man schon schließen, daß die Richter ihrer Sache sehr sicher sind und sie mit dieser Frage nie wieder belästigt werden wollen:

"Diese Aussagen der u.a. für Fragen der Verkehrssicherheit sicherlich als sachverständig zu bezeichnenden Polizei sprechen dafür, dass ein durchgehender Hochbordradweg jedenfalls nicht als eindeutig vorzugswürdige Alternative bewertet werden kann. Gleiches gilt - zwischen den Beteiligten unstreitig - für eine Beibehaltung des bisherigen Zustands."

Was aber hat die Polizei eigentlich geschrieben? Hier steckt die eigentliche Sensation. Lesen Sie selbst (aus der Stellungnahme der Polizeiinspektion Celle vom 25.07.2000).

"Sicherlich erscheint dem Bürger ein Hochbordradweg subjektiv als die bessere Lösung. Viele unterstreichen dies mit der Trennung durch parkende Fahrzeuge zu den angeblich viel zu schnell fahrenden Fahrzeugen auf der Fahrspur.

...

Auch wenn Parkwechselvorgänge über den Radfahrstreifen gehen und gelegentliches Zuparken nicht verhindert werden kann, sprechen bundesweite Erfahrungen eindeutig für den Radfahrstreifen."

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Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg in einem Gewerbegebiet bestätigt

21.07.2006: das Urteil des VG Köln vom 21.07.2006 - 11 K 7554/05 ist vom Sachverhalt gelesen korrekt. Was im Sachverhalt nicht steht: infolge der bestätigten Anordnung können und müssen Radfahrer in beiden Richtungen dicht vor Werktoren fahren, aus denen todbringende Lkw in nicht geringer Zahl ausfahren, deren zumeist ortsunkundige Fahrer (vermutlich auch nicht immer Deutsche) mit dieser Lage überfordert sein dürften. Denn die Sichtdreiecke dürften dadurch nicht ausreichend sein (wenn der Fahrer überhaupt auf die Idee kommt nach links zu sehen). Der Kläger hat zumindest die Darstellung des Sachverhaltes (außerhalb des Urteils) insoweit ergänzt. Trotz der unzureichenden Sachverhaltsermittlung läßt er dieses Urteil aber rechtskräftig werden. Mal sehen, wann die durchaus reale Gefahrdurch ein- und ausfahrende Lkw, die sich bundesweit nicht selten realisiert, auch hier Radfahrer plättet.

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Gemeinsamer Zweirichtungsrad- und Gehweg an einer Kreisstraße außerorts bestätigt

25.07.2006: das Urteil des VG Lüneburg vom 25.07.2006 - 2 A 8/06 ist das erste Urteil der 2. Kammer zur Benutzungspflicht nach dem Wechsel der Zuständigkeit Anfang 2006 (daher das Aktenzeichen aus dem Jahr 2006 für ein altes Verfahren). Dieses Urteil kann richtig sein. Wer die Straße kennt, wird es aber für fehlerhaft halten. Dort Kfz anzutreffen ist eher unwahrscheinlich (tiefste Lüneburger Heide). Auch vor dem Bau des Radweges gab es dort nie Probleme. Schön zu lesen ist das Protokoll der Verhandlung.

Der Kläger hat immerhin erreicht, daß diverse gemeinsame Geh- und Radwege innerorts von der Beklagen schon vor dem Urteil entschildert wurden. Das drückt dann auch die Kosten für den Kläger.

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Radwegebenutzungspflich im Einzelfall nicht aufgehoben

15.03.2007: mit Urteil des VG Freiburg vom 15.03.2007 - 4 K 2130/05 (nv) wird ein Benutzungspflicht unter Hinweis auf die erheblichen Gefahren der Benutzung der Fahrbahn mit dem Fahrrad verteidigt. Soweit erkennbar hat das Gericht die notwendigen Feststellungen zur Erforderlichkeit und zur Zummutbarkeit der Benutzungspflicht getroffen. Ob diese Feststellungen zutreffen, läßt sich aus der Ferne kaum prüfen. Unterstellt, sie seien es, ist die Entscheidung trotz des füden Kläger entäuschenden Ergebnisses richtig.

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Nicht hingehen und trotzdem gewinnen ...

16.07.2007: die einzige Besonderheit am Urteils des VG Magdeburg vom 16.07.2007 - 1 A 285/06 (nv) ist, daß der Kläger nicht einmal zur Verhandlung erschienen ist und trotzdem obsiegte. Aber ist das nun mal beim Verwaltungsgericht.

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Versetzung eines Fahrrads vom Bahnhofseingang im Einzelfall rechtswidrig

11.07.2008: das Urteil des VG Münster vom 11.07.2008 - 1 K 1536/07 trifft die Stadt Müster erwartet hart. Sie durfte ein Fahrrad, das im Eingangsbereich des Hauptbahnhofs Münster so abgestellt worden war, daß vom ihm keine Behinderung ausging, nicht abschleppen. Und das wußte die beklagte Stadt auch, wie sich aus dem Urteil ergibt:

"Wie dem Beklagten bekannt ist (vgl. den Aufsatz des Leitenden Städtischen Direktors Schulze-Werner, Zu den Möglichkeiten der Reglementierung des Fahrradparkens, VD 2006, 236), ist das Abstellen von Fahrrädern auf Gehwegen oder anderen dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen öffentlichen Verkehrsflächen eine straßenverkehrsrechtlich grundsätzlich zugelassene Nutzung und deshalb einer generellen - einzelfallunabhängigen - städtischen Regelung oder Praxis nicht zugänglich. "

Knapp und deutlich die Pressemitteilung des VG Münster vom 11.07.2008 dazu.

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Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden I

30.07.2008: mit dem Beschluß vom 30.07.2008 - 4 E 1996/08 (Leitsatz: "Mietfahrräder mit Werbetafeln dürfen grundsätzlich ohne Sondernutzungserlaubnis auf Gehwegen abgestellt werden.") hat das VG Hamburg im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einem Fahrradverleiher vorläufig erlaubt, fahrbereite Fahrräder mit Werbetafeln zum Vermieten auf öffentlichen Gehwegen aufzustellen. Dagegen war der Bezirk Hamburg-Mitte nach Meinung der Richter mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unrecht mit einer kombinierten Beseitigungs- und Untersagungsverfügung vorgegangen.

Der Anbieter der Fahrräder und Antragsteller "nextbike" hat Hamburg bisher nicht aus seinem Standortplan und seiner Standortliste gestrichen (siehe Standortliste von nextbike).

Wichtig: ganz nebenbei wurde nun auch für Hamburg bestätigt, daß das Fahrradparken auf Gehwegen etwas ganz Normales und Unverbietbares ist - ob nun mit oder erst Recht ohne Werbetafeln.

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Zur Widerspruchsfrist - sowieso unwichtig

08.10./03.11.2008: Zwei Urteile, die ohnehin Makulatur sind. Aber falls es interessiert:

Urteil des VG Karlsruhe vom 08.10.2010 - 4 K 1514/08 (nv);
Urteil des VG Karlsruhe vom 03.11.2010 - 2 K 4042/07 (nv).

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Gesteigerte Anforderung an Betroffenheit bei Bescheidungsklage?

18.12.2008: das Urteil des VG Bremen vom 18.12.2008 - 5 K 2158/06 (nv) verläßt ohne Not die inzwischen durch die Rechtsprechung anderer VG ausgetretenen Pfade bei der Bearbeitung von Bescheidungsklagen. Es müsse eine "besondere Betroffenheit" vorliegen. Worin der Unterschied zur Anfechtungsklage insoweit liegt und wie man diese "besondere Betroffenheit" erkennen kann, bleibt weitgehend im Dunkeln. Die klarer Fall von Willkür-Juristerei. Zu beachten ist die Homepage des Klägers.

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Vor dem Hauptbahnhof in Münster abgestelltes Fahrrad durfte von der Stadt nicht entfernt werden

30.01.2009: mit dem Beschluß vom 30.01.2009 - 5 A 2239/08 (Überschrift: "Vor dem Hauptbahnhof in Münster abgestelltes Fahrrad durfte von der Stadt nicht entfernt werden.") hat das OVG Norrhein-Westfalen in Münster das hier schon vorgestellte Urteil des VG Münster vom 11.07.2008 - 1 K 1536/07 bestätigt.

Wichtig: Feuerwehrzufahrten und Fluchtwege können ggf. auch mit von der StVO abweichenden Zeichen gekennzeichnet und danach freigeschleppt werden. Nur war die Voraussetzung im Einzelfall nicht gegeben, d.h. ein Fluchtweg war weder ausgeschildert noch durch das abgestellte Fahrrad blockiert.

Gewohnt knapp und deutlich die Pressemitteilung des OVG Münster vom 03.02.2009 dazu.

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Zur Widerspruchsfrist - sowieso unrichtig

02./05.03.2009: Zwei Beschlüsse, die inzwischen zwar Makulatur sind, von dene aber jeder Ausgangspunkt für eine erfreuliche Ordnung der Rechtsprechung wird:

Beschluß des VGH Mannheim vom 02.03.2009 - 5 S 3047/08 (nv) (Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Karlsruhe vom 08.10.2010 - 4 K 1514/08 (nv);
Beschluß des VGH Mannheim vom 05.03.2009 - 5 S 3146/08 (nv) (teilweise Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Karlsruhe vom 03.11.2010 - 2 K 4042/07 (nv).

Der Baden-Wüttembergische VGH hält die Ausführtungen des VG Karlsruhe zur Widerspruchsfrist für korrekt und - zum größten Erstaunen des Publikums - den Beginn der Widerspruchsfrist für völlig geklärt, obwohl der Hessische VGH nur kurz zuvor seine frühere Rechtsprechung in dieser Frage geändert hat (offizielle Lesart: "Wir sind mißverstanden worden.").

Die teilweise Zulassung der Berufung in einem der Fälle deutet aber schon auf eine eher wohlwollende Prüfung des Hilfsantrags (Verpflichtungsantrag) hin.

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Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden II

31.03.2009: mit dem Urteil vom 31.03.2009 - 4 K 2027/08 (Leitsatz: "Das Abstellen von Mietfahrrädern mit Werbetafeln auf öffentlichen Gehwegen durch einen gewerblichen Fahrradvermieter unterfällt dem Gemeingebrauch"") verdeutlicht das VG Hamburg noch einmal, daß die Firma "nextbike" erlaubnisfrei im gesamten Stadtgebiet Fahrräder mit Werbetafeln aufstellen darf, wenn sie diese Fahrräder fahrbereit sind und zur Vermietung angeboten werden, weil dann keine Sondernutzung vorliegt.

Der Anbieter der Fahrräder und Antragsteller "nextbike" hat Hamburg tatsächlich nicht aus seinem Standortplan und seiner Standortliste gestrichen (siehe Standortliste von nextbike).

Was auffällt: obwohl das Bezirksamt Hamburg-Mitte schon im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluß vom 30.07.2008 - 4 E 1996/08) deutlichst beschieden wurde, daß seine erste Unterlassungsverfügung gegen "nextbike" aus dem Frühjahr 2008 völlig haltlos war, hat es mit einer weiteren Untersagung vom 24.02.2009 offenbar noch einmal so richtig nachgelegt. Wenn sich doch diese Energie nur einmal gegen die Außengastronomie und Gemüseauslagen quer über die Fußwege bis an die Ränder der Fahrradwege richten würde - nur einmal!

Wichtig: ganz nebenbei wurde nun auch für Hamburg zum zweiten Mal bestätigt, daß das Fahrradparken auf Gehwegen etwas ganz Normales und Unverbietbares ist - ob nun mit oder erst Recht ohne Werbetafeln.

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Fahrbereites Fahrrad darf mit Werbung auf Gehweg abgestellt werden III - V

19.06.2009: mit dem Beschluß vom 19.06.2009 - 2 Bs 82/09 (Leitsatz: "Aufstellung von Fahrrädern zu Miet- und/oder Werbezwecken ohne wegerechtliche Erlaubnis auf öffentlichen Wegeflächen") hat nunmehr das OVG Hamburg in einem zweiten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dem Fahrradverleiher "nextbike" vorläufig erlaubt, fahrbereite Fahrräder mit Werbetafeln zum Vermieten auf öffentlichen Gehwegen aufzustellen. Dagegen war der Bezirk Hamburg-Mitte nach Meinung der Richter mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Unrecht mit einer Untersagungsverfügung vorgegangen.

Erstaunlich ist das schon. Da bekommt das Bezirksamt Hamburg-Mitte ein Urteil auf die Füsse geworfen, das die eindeutige Rechtswidrigkeit des behördlichen Vorgehens zweifelsfrei begründet. Und dann muß das VG Hamburg nur rund drei Wochen später am 24.04.2009 in einem weiteren Beschluß dasselbe noch einmal schreiben (Entscheidung III in dieser Sache). Und so kommt es nun zur Stellungnahme des OVG Hamburg, die erfreulicherweise an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Langsam aber sicher manövriert sich das Bezirksamt Hamburg-Mitte in eine genauso lächerliche Lage wie vor einigen Jahren die Stadt Lüneburg mit den "Fahrradparkverboten am Bahnhof".

Wichtig: ganz nebenbei wurde nun auch für Hamburg nunmehr durch das OVG Hamburg bestätigt, daß das Fahrradparken auf Gehwegen etwas ganz Normales und Unverbietbares ist - ob nun mit oder erst Recht ohne Werbetafeln. Das bedeutet andererseits aber nicht, daß es zulässig wäre, Schrotthaufen mit Ähnlichkeit zu Fahrrädern mit Werbetafeln in die Straßen zu stellen, wie manche Schlauköpfe es immer wieder versuchen.

Und das Beste kommt zum Schluß: nach einer Meldung der Klägerin, der Fa. nextbike: "Stadt Hamburg verliert Rechtsstreit: Freie Fahrt für nextbike!", hat das OVG Hamburg mit Beschluß vom 04.12.2009 die Berufung gegen das Urteil des VG Hamburg vom 31.03.2009 - 4 K 2027/08 nicht zugelassen. Das war eigentlich keine Überraschung mehr, da die Gerichte im Verfahren sehr deutliche Entscheidungen getroffen hatten und eine Berufung wirklich keine neuen Argumente mehr erwarten ließ. Auß dem Bezirksamt Hamburg-Mitte hatte das wohl schon jeder gewußt.

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Bayerischer VGH München hebt eine Benutzungspflicht auf

11.08.2009: das Datum muß man sich merken. Das wirklich unerträgliche Urteil des VG Regensburg vom 28.11.2005 - RO 5 K 03.2192 wird gemeinsam mit der zur Prüfung gestellten Radwegbenutzungspflicht durch das Urteil des Bayerischen VGH vom 11,08.2009 - 11 B 08.186 aufgehoben. Die Darstellung der Rechtslage und die Bewertung des Sachverhalts (insbesondere zur Gefährdung des Radverkehrs auf der Fahrbahn) sind ein Genuß. Unbedingt selbst lesen - auch wenn dieses Urteil 41 Seiten lang ist.

Adolf Rebler, bei der Beklagten als Regierungsamtsrat beschäftigt, sieht das naturgemäß etwas anders: Rebler: Das Ende der Radwegbenutzungspflicht? Legal Tribune 18.04.2010. Und die Stadt Regensburg geht in die zugelassene Revision - wenn auch (mit diesem Urteil) ohne jede realistische Chance.

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Zur Widerspruchsfrist - noch kein Ergebnis - aber das Verfahren geht weiter

23.06./10.09.2009: nachdem das BVerfG gegen den Beschluß des VGH Mannheim vom 02.03.2009 - 5 S 3047/08 (nv) (Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des VG Karlsruhe vom 08.10.2010 - 4 K 1514/08) vom Kläger angerufen worden war, fragt es erst einmal beim BVerwG nach, wie geklärt den die Frage der Widerspruchsfrist gegen Verkehrszeichen wirklich ist. Das BVerwG antwortet, daß es dazu noch keine eigene Meinung bilden konnte. Darauf gibt das BVerfG das Verfahren mit harscher Kritik zurück an den Baden-Württembergischen VGH. Alleine die Länge der Ausführungen zur Streitfrage zeige schon daß es erheblichen Klärungsbedarf gebe. Dem folgt der Baden-Württembergische VGH mit Beschluß vom 16.10.2009 - 5 S 2142/09 mit einer an Kürze kaum noch zu übertreffenden Begründung (hier nicht dokumentiert, vgl. Seiten des Klägers).

Beschluß des BVerwG vom 23.06.2009 - 3 St 1.09 (nv);
Beschluß des BVerfG vom 10.09.2009 - 1 BvR 814/09.

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VGH Mannheim folgt VGH München: eine Benutzungspflicht weniger ...

19.11.2009: dazu schreibt der ADFC: "Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH Mannheim) hat sich der jüngsten Rechtsprechung des Bayerischen VGH angeschlossen und beurteilt die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht ebenfalls nach § 45 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO. Diese Vorschrift setzt für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs eine Gefahrenlage voraus, die auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und das allgemeine Risiko erheblich übersteigt. Diese Voraussetzungen gelten auch für die Anordnung benutzungspflichtiger Radwege.

Das Gericht sah sie in dem kleinen Kreisverkehr, um den herum der beschilderte Radweg im entschiedenen Fall führte, als offensichtlich nicht gegeben an.

Da es bereits an einer ausreichenden Begründung für die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht fehlte, kam es nicht mehr auf die Frage an, ob die Ausführung des Radwegs den Anforderungen der Verwaltungsvorschrift zur StVO entsprach.

Die Anordnung der Benutzungspflicht lag schon länger als ein Jahr zurück, als der Kläger gegen sie Widerspruch erhob. Der VGH Mannheim hält eine Anfechtungsklage gegen solche „bestandskräftigen“ Verwaltungsakte für unzulässig. Die Richter deuteten den Antrag d es Klägers aber als Verpflichtungsklage auf Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht und verurteilten die Straßenverkehrsbehörde dazu, ihre offensichtliche rechtswidrige Anordnung zurückzunehmen und die Radwegschilder zu entfernen."

Urteil des Baden-Wüttembergischen VGH vom 19.11.2010 - 5 S 575/09

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VG Gelsenkirchen mit zwei Einzelfällen

01.12.2009: nicht besonders wichtig für's Ganze. Ich erfülle hier nur meine Chronistenpflicht.

Urteil des VG Gelsenkirchen vom 01.12.2009 - 14 K 5458/08

Urteil des VG Gelsenkirchen vom 01.12.2009 - 14 K 6697/08

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Auch VG Ansbach folgt dem VGH München willig

14.12.2009: und weg ist die Benutzungspflicht:Beschluß des VH Ansbach vom 14.12.2009 - AN 10 K 09.00581 (nv);
. Zwar sind die Ausführungen zur Klagebefugnis etwas zu lang geraten, um weitere Kläger zu ermutigen. Aber das kann man ja immer noch vom BVerwG nachbessern lassen. Aber das Urteil des Bayerischen VGH wurde zitiert und korrekt umgesetzt.

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VG Karlsruhe:erhöhte Kosten des "Spezialanwalts" Dr. Dietmar Kettler, Kiel werden von der Beklagten bezahlt ...

02.03.2010: wenn denn der Kläger gewinnt.

Beschluß des VG Karlsruhe vom 02.03.2010 - 2 K 4042/07

Aus dem Beschluß:

"Im vorliegenden Verfahren spricht viel dafür, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers über besondere Fachkenntnisse verfügt, die kein in Karlsruhe ansässiger Anwalt im gleichen Maß hat."

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VG Dresden: Keine Radwegebenutzungspflicht trotz Erforderlichkeit bei Unzumutbarkeit

25.08.2010: ist der Radweg - gemessen an der VwV-StVo und der ERA 1995 - jenseits von Gut und Böse, hilft auch kein Hinweis auf 23.000 Kfz am Tag, Busse und Straßenbahnen mehr. Die Benutzungspflicht ist weg! So urteilte des VG Dresden am 25.08.2010 (Az. 6 K 2433/06). Der zentrale Satz steht im Abs. 23 der Begründung: "Die nach allem vorhandene besondere Gefahrenlage stellt sich als eine Situation dar, in der die Beklagte zur Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht im fraglichen Bereich berechtigt wäre, wenn sie in der Lage wäre, die Radfahrer auf einen sicheren Radweg zu verweisen." Ganz sicher habe ich diese einfache Aussage noch nie in dieser Klarheit in einem Urteil gelesen. Und ein solcher Satz dürfte mehr Benutzungspflichten kosten als jeder Hinweis auf § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO. Insbesondere die Wurzelpisten außerorts können damit entschildert werden.

Aber auch der Mut, mit dem dem Kläger trotz Verfristung ins Verfahren geholfen wurde, ist wegweisend. Eine Entscheidung in der Sache hätte bei den Vorgaben wohl mancher Richter schlicht verweigert. Ob eine Bezugnahme auf § 1 Satz SächsVwVfG i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG wirklich notwendig und hilfreich ist, mag jeder für sich entscheiden. M.E. ginge es auch ohne. Aber das ist nicht so wichtig.

Urteil des VG Dresden vom 25.08.2010 - 6 K 2433/06 von openjur

Urteil des VG Dresden vom 25.08.2010 - 6 K 2433/06 von dieser Seite

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BVerwG zur Widerspruchsfrist

23.09.2010: Kläger ist hier zwar ein Lkw-Fahrer. Aber nachdem die Radfahrer in diesem Claim ein Jahtzehnt lang gebohrt haben, gibt es jetzt die Auflösung. Die Widerspruchsfrist beginnt für jeden Einzelnen individuell, wenn er als Verkehrsteilnehmer das erste Mal in den durch das strittige Verkehrsschild beschränkten Abschnitt einer Straß einfährt und es dabei wahrnehmen kann:

Urteil des BVerwG vom 23.09.2010 - 3 C 32.09;
Urteil des BVerwG vom 23.09.2010 - 3 C 37.09.

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BVerwG bestätigt Urteil des VGH München gegen eine Regensburger Radwegebenutzungspflicht

18.11.2010: da der VGH richtigerweise die Revision zugelassen hatte und die Stadt Regensburg diese auch eingereicht hatte, ergab sich - endlich - die Möglichkeit zur höchstrichterlichen Prüfung der Radwegebenutzungspflicht. Das Urteil des VGH Müchen hat diese Prüfung bestanden (Pressemitteilung des BVerwG vom 18.11.2010.

Die Begündung der Revision ist bekannt. Adolf Rebler, bei der Beklagten als Regierungsamtsrat beschäftigt, hat sie für das breite Publikum in allen Einzelheiten aufgeschrieben: Rebler: Das Ende der Radwegbenutzungspflicht? Legal Tribune 18.04.2010.

Und hier nun das Urteil in ganzer Länge: Urteil des BVerwG vom 18.11.2010 - 3 C 42.09

Ein Blick in Abs. 13 der Entscheidung zeigt nebenbei, daß die Anfechtungsfristen durch die sogenannte rügelose Einlassung zur Sache ausgehebelt werden können. Und dazu sind die Straßenverkehrsbehörden durch die VwV-StVO m.E. auch verpflichtet. Die inhaltliche Prüfung von Benutzungspflichten sollte im Interesse der Sache (und der Verkehrssicherheit) die Regel sein, das Verschanzen hinter irgendwelchen Fristen bringt ja auch nicht viel, wie u.a. das Urteil des VG Berlin vom 12.11.2003 - 11 A 606.03, NZV 2004, 486 (s.o.) zeigt.

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Diese Seite wurde erstellt am 17.07.2002
Sie wurde zuletzt aktualisiert am: 31.12.2011